Auch wenn Deutschland zurzeit seinen gesamten Lithiumbedarf durch Importe deckt – eigentlich gäbe es auch hierzulande reichlich weißes Gold. Immerhin 2,7 Millionen Tonnen an Lithium-Ressourcen könnten nach aktuellen Schätzungen des US Geological Survey im deutschen Untergrund schlummern.
Zinnwald und sein Mineral
Eine dieser Lagerstätten liegt unter dem östlichen Erzgebirge bei Zinnwald. Dort wurden schon vor Jahrhunderten zinn- und wolframhaltige Erze abgebaut. Dass die dort vorkommenden Glimmer-Minerale auch Lithium enthalten, stellte der Chemiker Martin Heinrich Klaproth bereits im Jahr 1810 fest. Er veröffentlichte die erste Analyse des nach diesem Fundort Zinnwaldit genannten Lithiumeisenglimmers. In den 1920er Jahren wurden in Zinnwald vorübergehend kleinere Mengen des lithiumhaltigen Minerals abgebaut.
Weil das eher weiche, blättrige Silikatmineral aber nur 0,92 bis 1,85 Prozent Lithium enthält und im Gestein der Lagerstätte vermischt mit anderen Mineralen vorkommt, lohnte sich der Abbau lange Zeit nicht. Als dann der Erzabbau in Zinnwald vor rund 75 Jahren beendet wurde, gerieten auch die dortigen Lithiumvorkommen in Vergessenheit. Erst in den letzten zehn Jahren ist die Lagerstätte angesichts steigender Weltmarktpreise des Lithiums wieder in den Fokus gerückt.
Das Unternehmen Deutsche Lithium hat neue Analysen durchgeführt, nach denen das Zinnwaldit-Vorkommen allein auf der sächsischen Seite des Erzgebirgskamms rund 125.000 Tonnen metallisches Lithium enthält. Das entspricht rund 650.000 Tonnen Lithiumcarbonat und „wäre genug, um damit rund 20 Millionen Elektroautos wie den ID.3 auszurüsten“, erklärt Armin Müller von der Deutsche Lithium.
Abbau könnte rentabel werden
Dafür jedoch muss das Lithiumerz erst einmal halbwegs rentabel abgebaut und aufgereinigt werden. Laut einer 2019 erstellten Machbarkeitsstudie der Firma könnte bei einem untertägigen Abbau von rund 570.000 Tonnen Erz im Jahr ein wirtschaftlicher Betrieb mehr als 30 Jahre lang erfolgen – sofern die Lithiumpreise auf dem Weltmarkt nicht einbrechen. Schätzungen der Deutschen Lithium zufolge soll das in Zinnwald gewonnene Lithiumcarbonat kaum teurer sein als das Lithiumsatz aus australischen Minen.
Erforderlich wären allerdings zunächst Investitionen von insgesamt rund 160 Millionen Euro. Die Deutsche Lithium betont jedoch die Vorteile einer lokalen Förderung des Rohstoffs: „Ein großer Vorteil an diesem Projekt ist, dass die Lithium-Lagerstätte nicht an einem entfernten Ort liegt, sondern im Herzen einer Industrieregion, dicht bei potenziellen Kunden und Partnern“, so Müller. Das mache lange Transportwege überflüssig und spare so auch CO2.
Erst Mahlen und Abtrennen…
Um aus dem Erzgebirgsgestein möglichst effizient Lithiumcarbonat zu gewinnen, haben Wissenschaftler der Technischen Universität Freiberg ein für die Zinnwalder Geologie angepasstes Verfahren entwickelt. Dieses macht sich zunutze, dass das Zinnwaldit neben Lithium und Kalium relativ viel Eisen enthält, was das Mineral magnetisch macht. Das Nebengestein Quarz enthält hingegen kein Eisen. Dadurch wird eine Trennung mittels Magnetscheidung möglich.
Dafür wird das Gestein zunächst gebrochen und zu einem Pulver von rund einem Millimeter Korngröße zermahlen. Dann läuft das Gesteinspulver an einem Magneten vorbei, der das Zinnwaldit vom nichtmagnetischen Quarz abtrennt. Laut Deutsche Lithium könnten mit diesem Prozessschritt rund 125.000 Tonnen Zinnwaldit-Konzentrat pro Jahr produziert werden. Allerdings geht bei dieser Abscheidung immer auch ein Teil des Zinnwaldits verloren und landet mit dem Quarzgestein im Abraum.
…dann Aufreinigung zu Lithiumcarbonat
Um daraus batteriegeeignete Lithiumsalze zu gewinnen, müssen nun mehrere chemische Verfahrensschritte folgen. Die Deutsche Lithium hat dazu bereits 2018 Pilotversuche in einem Werk in Weimar durchgeführt. Dafür wird das Erzkonzentrat zunächst unter Zusatz von Gips und Kalkstein in einem Drehofen auf rund 1.00 Grad erhitzt. Dabei entstehen kleine Kügelchen, die in wässriger Lauge löslich sind. Aus dieser lithiumhaltigen Lösung werden dann durch Zugabe verschiedener Säuren nacheinander Fremdmetalle ausgefällt. Am Schluss bleibt Lithiumcarbonat als weißliches Pulver übrig.
Bei Tests mit einem ähnlichen Verfahren meldete das Unternehmen European Metals im Jahr 2021 eine Ausbeute von 92 Prozent Lithium. Dabei wurde Zinnwaldit aus dem tschechischen Teil des Erzgebirges genutzt. „In jedem Locked-Cycle-Test wurde Lithiumcarbonat in Batteriequalität erzeugt“, so European Metals. Dieses Lithiumcarbonat könne zudem leicht in Lithiumhydroxid-Monohydrat mit ähnlicher Reinheit umgewandelt werden, einem ebenfalls für Batterieherstellung genutzten Lithiumsalz.
Sollte die Gewinnung von Lithium im Erzgebirge in großem Maßstab anlaufen, könnten die Zinnwaldit-Vorkommen zumindest einen Teil des deutschen Lithium-Bedarfs decken. „Wir gehen davon aus, dass wir 2025 in größerem Rahmen in Produktion gehen“, sagte Müller im Herbst 2021. Ob dies aber wirklich stattfinden wird, ist noch offen.