Inwieweit lassen sich die Forschungen und Modelle des Geo Engineering mit dem Völkerrecht vereinbaren? Das ist die Frage, mit der sich Reichwein in den nächsten drei Jahren unter anderem beschäftigen wird. „Ich finde es einfach spannend, in großen Kategorien zu denken“, begründet der Max-Planck-Forscher seine Vorliebe für globale Fragestellungen. Schon beim Studium an der Bucerius Law School in Hamburg hatte er den Schwerpunkt Europäisches und Internationales Recht gewählt. Dass er sich mit seiner Entscheidung für dieses Projekt in juristisches Neuland begibt, war ihm von Anfang an klar.
Nichts ist sicher oder geregelt
Wie weit jedoch dieses Gebiet jenseits des Bodens gesicherter Fakten und Gesetze liegt, wusste Reichwein vor einem halben Jahr noch nicht. „Sicher ist hier nur, dass nichts sicher ist“, beschreibt er die vage Ausgangslage seiner Forschungen. Diese Ungewissheit herrsche nicht nur hinsichtlich der technischen Machbarkeit und der Nebenwirkungen gezielter Klimamanipulationen, sondern erstrecke sich auch auf die juristische Ebene: „Geo Engineering hat noch keinen Eingang in völkerrechtliche Verträge gefunden.“
Angesichts der globalen Dimensionen und der hohen Risiken der Klimamanipulationen stellten sich gleich eine Reihe grundsätzlicher Fragen zur Legitimation. „Wie etwa kann sichergestellt werden, dass Entscheidungen für den Einsatz einer Technik aufgrund solider wissenschaftlicher Basis gefällt werden?“, so Reichwein. Für diese Grundsatzfrage gebe es im internationalen Recht noch keine Vorschrift.
Wer darf eingreifen?
Außerdem müsse dringend geklärt werden, wem das Recht zustehen soll, solche möglicherweise folgenschweren Eingriffe ins Klimasystem vorzunehmen. „Darf das nur die Staatengemeinschaft oder ein Land alleine?“ Schließlich gebe es inzwischen durchaus Vorschläge, die – wie das Projekt zum Ausbringen von Schwefeldioxid in der Stratosphäre – finanziell wie auch technisch durchaus im nationalen Alleingang zu bewältigen seien. Das stellt auch einen gravierenden rechtlichen Unterschied zu den Strategien zur Kohlendioxid-Reduktion dar, die nur von der Staatengemeinschaft gemeinsam bewältigt werden können.
MaxPlanckForschung 2/2010 / Birgit Fenzel
Stand: 19.11.2010