So genial Tesla als Erfinder auch ist, und so bekannt ihn viele seiner technischen Neuerungen machen – von Dauer ist dieser Ruhm nicht. Gegenüber anderen Größen seiner Zeit gerät er immer wieder ins Hintertreffen. „Tesla war einer von nur fünf oder sechs Menschen, die das elektrische Zeitalter erschufen“, sagt Bernard Finn vom National Museum of American History. Dennoch geriet er in Vergessenheit, während andere Ruhm ernteten.
Licht aus dem Nichts
Das ist umso seltsamer, weil Tesla durchaus einen Sinn für Effekte und Marketing besitzt: Er weiß sich und seine Produkte bestens zu inszenieren, wie er immer wieder bei öffentlichen Vorträgen und Präsentationen beweist. Publikumswirksam lässt er dabei Blitze zucken, setzt sich selbst vermeintlich tödlichen Stromstößen aus oder präsentiert Phänomene, die an Magie zu grenzen scheinen.
So auch auf der Weltausstellung im Jahr 1893 in Chicago. Dort präsentiert Tesla dem staunenden Publikum seine neuesten Erfindungen – und macht eine echte Show daraus. Makellos gekleidet wie immer, tritt er vor das Publikum. In der Hand scheint er eine große, längliche Glühbirne zu halten. Dann geschieht das Unglaubliche: Tesla hebt die Hand und plötzlich beginnt die Lampe wie von Geisterhand zu leuchten – obwohl sie an kein Kabel angeschlossen ist.
„In welche Position ich die Lampe auch immer drehe, wohin ich sie auch bewege: Ihr sanftes, angenehmes Licht bleibt mit unverminderter Helligkeit bestehen“, erklärt Tesla. Wie kann das sein? Dem Publikum erscheint dies wie Zauberei und selbst technisch versierte Zeitgenossen geraten bei Teslas drahtlosen „Zauberlampen“ ins Staunen.
Angeregte Gasatome
Das Geheimnis ihres Leuchtens jedoch ist simple Technik. Denn bei den Lampen handelt es sich nicht um gewöhnliche Glühbirnen, sondern um einen Vorläufer unserer heutigen Leuchtstoffröhren. In ihnen befindet sich ein Gas, dessen Atome unter Hochspannung angeregt werden. Bei ihrer Entladung geben sie die zuvor aufgenommene Energie in Form von Licht wieder ab – das Gas beginnt zu leuchten.
Teslas Clou dabei: Er führt seinen Leuchtstoffröhren die nötige Hochspannung nicht durch Kabel zu, sondern durch die Luft. Mithilfe seiner Tesla-Spulen erzeugt er starke elektrische Felder, deren Polung mit hoher Frequenz wechselt. Im nahen Umfeld der Transformatoren sind diese Felder stark genug, um das Gas in einer Leuchtstofflampe anzuregen. Bei seinen Vorführungen nutzt Tesla diesen Effekt, um das Leuchten „aus dem Nichts“ hervorzubringen.
Für sein Publikum bei der Weltausstellung sind die drahtlosen Lampen ein Faszinosum. Tesla selbst allerdings verfolgt diese Technologie nicht konsequent weiter und bringt sie nie zur Marktreife. Stattdessen wendet sich der visionäre Erfinder einer weiteren, vielversprechenden Anwendung seiner drahtlosen Energieübertragung zu.
Nadja Podbregar
Stand: 27.10.2017