Bereits vor Beginn der Olympischen Spiele hat der Smog in Peking sein ersten Opfer gefunden – der Äthiopier Haile Gebrselassie, Favorit für den Olympiasieg beim Marathonlauf der Männer, hat die Teilnahme am Rennen auf seiner Spezialstrecke abgesagt: „Für einen Athleten wie mich ist es äußerst schwierig, in Peking zu starten. Ich leide an Asthma, was mir das Laufen bei hoher Luftverschmutzung erschwert. Deshalb werde ich mich auf die 10.000 Meter konzentrieren.“
Asthmatiker mit Sonder-Erlaubnis
Im deutschen Olympia-Team sind acht Prozent der Athleten Asthamtiker. „Das ist eine Prozentzahl, die unter dem Bereich liegt, den man erwarten kann“, sagte der Chefarzt der deutschen Olympioniken, Wilfried Kindermann. In der Wissenschaftsliteratur geht man davon aus, das zehn bis 15 Prozent der Hochleistungs-Sportler Asthma-Beschwerden haben.
Alle Asthmatiker haben vom Olympischen Komitee eine Ausnahmegenehmigung bekommen, um Asthma-Mittel benutzen zu dürfen – die selbstverständlich keine leistungssteigernde Wirkung haben, also nicht als Doping gelten.
Bei den Olympischen Spielen in Athen hatten laut Kindermann nur etwa fünf Prozent der deutschen Athleten eine Ausnahmegenehmigung beim IOC beantragt. „Die höhere Prozentzahl in Peking ist darauf zurückzuführen, dass wir im Vorfeld sehr akribisch vorgegangen sind, um die Athleten herauszufinden, die möglicherweise mit Beschwerden reagieren könnten“, so Kindermann.
Langstrecken-Athleten gefährdet – wahrscheinlich
Ob der Smog in Peking tatsächlich die Gesundheit oder zumindest die sportliche Leistungsfähigkeit der Sportler in Mitleidenschaft ziehen könnte, darüber sind sich Sportmediziner letztlich nicht ganz einig. Sportler mit einer Disposition zu Atemwegserkrankungen sind sicher mehr gefährdet, ebenso alle Langstrecken-Sportler, deren Wettkämpfe vor allem draußen stattfinden.
Um die Gefährdungspotentiale verlässlich zu klären, wird während der Olympischen Spiele in Peking eine große Asthma-Studie durchgeführt werden. Athleten aus zehn europäischen Staaten, darunter Deutschland, werden an der Studie des Global Allergy and Asthma European Network, ein von der EU finanzierter Forschungsverbund, teilnehmen
Raucher- statt Hochleistungs-Lunge?
Eine Untersuchung durch deutsche Sport-Mediziner in Vorbereitung der Olympischen Spiele hat bereits gezeigt, dass vor allem Ausdauersportler Leistungseinschränkungen erleben, wenn sie in der Nähe von verkehrsreichen Straßen trainieren oder dort ihre Wettkämpfe bestreiten. Der Studie nach wiesen Jogger, die in der Stadt laufen, ähnliche Konzentrationen an Kohlenmonoxid-Hämoglobin auf wie chronische Zigarettenraucher. Dadurch kann die maximal mögliche Aufnahme von Sauerstoff um bis zu vier Prozent absinken.
Die deutschen Olympia-Ärzte gehen dennoch davon aus, dass die Bewohner von Peking, die den Schadstoffen über einen längeren Zeitraum ausgesetzt sind, wesentlich stärker in Mitleidenschaft gezogen würden als die Sportler, die nur wenige Wochen in China seien.
Denn wie auch voran gegangene Spiele, Europa- und Weltmeisterschaften gezeigt hätten, könnten „hoch trainierte Athleten auch äußerst widrige Umstände tolerieren“.
Unklare Erkenntnislage
Auch John Kolb, Umwelt-Mediziner an der Universität von Calgary in Kanada, der für das kanadische Olympische Komitee arbeitet, hält die Warnungen vor möglichen Schäden für übertrieben. „Ich habe einige Daten über den Zusammenhang zwischen Luft-Schadstoffen und der Lungenfunktion zusammengetragen. Und wir haben in verschiedenen Tests nicht nachweisen können, dass die Lungenfunktion durch Schadstoffe eingeschränkt wird.“
Dass sich die Olympia-Ärzte nicht einig sind, zeigen die unterschiedlichen Strategien der olympischen Länder-Teams. Großbritannien überlegte lange hin und her, ob die Athleten sich in Peking nur mit Smog-Maske bewegen sollten, entschied sich aber schließlich dagegen. Neuseeland und Japan dagegen haben alle ihre Sportler mit Atemschutzmasken ausgestattet.
Stand: 09.08.2008