Zumindest am Rande des Kannibalismus rangiert auch das häufig beschriebene Leihmütter-System der Wölfe, das vor allem in Hungerzeiten zum Tragen kommt. Zwar kommt es hier nicht immer zum Fressen von Artgenossen, aber immerhin zu Massentötungen innerhalb des Rudels im Rahmen der Fortpflanzung.
Auffälliges Verhalten in Notsituationen
Während das Leitwolfpaar normalerweise dafür sorgt, dass alle rangniederen Tiere im Rudel zwar ihre Pflichten bei der Jagd und der Verteidigung erfüllen dürfen, aber das Liebesspiel dieser Tiere untereinander rigoros verhindert wird, sieht es in Notzeiten ganz anders aus.
Leitwolf und alle anderen männlichen Mitglieder der Truppe paaren sich dann seltsamerweise mit den rangniederen Weibchen und sorgen so dafür, dass sich bald Nachwuchs einstellt. Auf den ersten Blick ein unsinniges Verhalten, wird doch so der Hunger durch die höhere Anzahl an zu versorgenden Köpfen eigentlich noch weiter verstärkt.
Massaker im Wurfnest
Kurz nach der Geburt aber passiert dann Überraschendes. Die untergeordneten Männchen dringen in die Wurfnester der rangniederen Weibchen ein und töten alle Neugeborenen rigoros ab. Gelegentlich soll es dabei sogar zu kannibalistischen Akten
kommen. Die Mütter sehen dabei mehr oder minder tatenlos zu. Nur die Jungtiere des Leitweibchens bleiben samt und sonders von diesem Massaker verschont. Wie ist dieses Vorgang zu erklären?
Die Begründung für dieses in menschlichen Augen barbarischen Verhalten ist eigentlich relativ einfach. Da bei den rangniederen Weibchen trotz des Verlustes der eigenen Nachkommen die Milch einschießt, können diese Wölfinnen bei der Aufzucht der Jungtiere des Leitwolfpärchens helfen. Der Reihe nach gehen sie dazu in das Nest und säugen deren Jungen. Selbst in den Zeiten größten Nahrungsmangels können diese Welpen so überleben und sich prächtig entwickeln.
Stand: 14.04.2001