Die tibetischen Mönche hatten einen maßgeblichen Anteil an den Protestdemonstrationen in diesem Jahr. Von wem die Eskalation ausging, ist bis heute nicht endgültig geklärt. Doch dass die Mönche am wenigsten dafür in Frage kommen, weil sie besonders friedlich sind, legt nun eine aktuelle Gehirnstudie nahe.
Die Studie, die vom Neurologen Richard Davidson von der Universität Wisconsin und seinem Team durchgeführt wurde, bestätigt, dass tibetischen Mönchen tatsächlich eine wissenschaftlich messbare Friedfertigkeit zu eigen ist. Offensichtlich können durch tibetische Meditation Mitgefühl und Gutherzigkeit trainiert und damit sogar Gehirnströme beeinflusst werden.
Mönche unterm Scanner
Die US-amerikanischen Neurologen untersuchten die Gehirne von 16 tibetischen Mönchen mit einem funktionellen Kernspintomographen (fMRT) und ließen die Mönche dazu in der Röhre meditieren.
Dabei fanden die Forscher heraus, dass sich positive Emotionen wie Güte und Mitgefühl offensichtlich ebenso geübt werden können wie das Spielen eines Instruments oder eine Sportart.
Die Gehirn-Scans der Mönche zeigten, dass die Aktivität in einem Gehirnbereich für Emotionen bei Menschen mit erheblicher Erfahrung im Meditieren drastisch verändert war, so die Autoren der Studie. Tibetische Meditation mache den Menschen demnach einfühlsamer.
Mögliche Therapie mit langer Laufzeit
Die Studie war Teil einer größeren Untersuchung von Mönchen mit mindestens 10.000 Stunden Meditationspraxis. Zum Vergleich dienten 32 Menschen, die zwei Wochen zuvor in das Meditieren eingeführt worden waren.
„Liebevolle Güte und Mitgefühl sind zentral für die Philosophie und den Auftrag des Dalai Lama“, so Neurologe Davidson, der viel mit dem geistlichen Oberhaupt der tibetischen Buddhisten zusammengearbeitet hat. Es gebe zahlreiche Techniken der tibetischen Meditation zum Aspekt des Mitgefühls. Menschen, die zu Depressionen neigen, oder Mobbing-Opfer könnten möglicherweise von dieser Meditation profitieren, so der Wissenschaftler. Die Ausbildung benötige jedoch Jahre des Übens.
Hirnsignal für Mitgefühl
Die Kontrollpersonen der Studie wurden zur Übung zunächst gebeten, sich auf einen lieben Bekannten zu konzentrieren und ihm Wohlergehen und Freiheit vom Leiden zu wünschen.
Nach einiger Übung sollten sie diese Gefühle auf alle Lebewesen ausweiten. Danach wurden sie ebenso wie die Mönche in einen Kernspintomographen gelegt und erneut gebeten, die Meditation zu beginnen oder sie zu unterlassen. Während der Zeit hörten sie Stimmen von verzweifelten Frauen, das Lachen von Babys oder Hintergrundgeräusche in einem Restaurant.
Die Scans zeigten deutliche Aktivitäten in speziellen Gehirnregionen des Limbischen Systems, wenn die Mönche meditierten und zugleich die Frauen oder die Babys hörten. Das Limbische System ist für die Verarbeitung von Emotionen zuständig. Die Stärke der Hirnsignale stimmte mit der von den Mönchen angegebenen Intensität der Meditation überein. Diese Hirnaktivität sei bei den Mönchen wesentlich stärker gewesen als bei der Kontrollgruppe, berichten die Forscher.
Stand: 30.08.2008