“…Flipper, Flipper gleich wird er kommen. Jeder kennt ihn den klugen Delfin.“ – Den Titelsong der Kultserie aus dem 1970er Jahren kennt auch heute noch fast jeder. Der Hauptdarsteller, ein Großer Tümmler, schlug nicht nur Saltos oder führte andere tolle Tricks vor, er rettete auch immer wieder seine Fernsehfamilie um Küstenwachmann Porter Ricks und die Söhne Bud und Sandy aus Seenot oder anderen gefährlichen Situationen.
Die Serie war damals nicht nur ein Publikumsmagnet, sie trug auch maßgeblich dazu bei, Flipper und Co. das Image vom cleveren, hilfsbereiten und lustigen Delfin zu verpassen, das sich bis heute gehalten hat. Auf die Idee, einen Delfin als liebenswürdige Intelligenzbestie vorzustellen, kamen die Fernsehmacher jedoch keineswegs zufällig. Auch in Forscherkreisen gab es damals eine „Flippermania“, die die Delfine in Bezug auf ihre Intelligenz zu einer Art „Mensch im Wasser“ hochstilisierte.
Große und komplexe Gehirne
Einer der Urväter des Mythos vom hochintelligenten Delfin, der sprachbegabt und zur Kommunikation mit Artgenossen befähigt sei, war Dr. John Lilly. In den 1960er und 1970er Jahren stieg der Physiker und Psychoanalytiker, der unter anderem für das National Institutes of Health in den USA arbeitete, zu einem der wichtigsten Pioniere der Delfin-Forschung auf.
Vor allem seine Entdeckung, dass Delfine außerordentlich große und komplexe Gehirne besitzen, sorgte damals für erhebliches Aufsehen unter Forscherkollegen und in der breiten Öffentlichkeit. Doch damit nicht genug. Lilly folgerte aus seinen Funden, dass Delfine eine erhebliche Intelligenz besitzen müssten. Die Lautäußerungen der Meeresssäuger hielt er für eine komplexe Sprache, mithilfe derer sie sich ausführlich unterhalten können. Obwohl er nie konkrete Beweise für seine Theorien und Hypothesen vorlegte, glaubte man ihm.
Viele Trainingsergebnisse in Delfinarien der Zoos oder kommerziellen Shows schienen seine Spekulationen zu bestätigen. Sie machten Delfine und speziell den Großen Tümmler in kurzer Zeit zu einem Paradebeispiel für Intelligenz im Tierreich. Und in der Tat sind die Leistungen, die Delfine auf dem offenen Meer oder in Gefangenschaft zeigen häufig spektakulär.
Egal, ob sie mit spielerischer Eleganz und wachsender Begeisterung in den Bugwellen von großen Frachtern oder Fähren surfen, Saltos schlagen, sich bei der Therapie mit autistischen Kindern als Seelendoktoren unentbehrlich machen oder dazu abgerichtet werden, Jagd auf Haie zu machen – die kognitiven und sozialen Fähigkeiten der Delfine scheinen grenzenlos zu sein.
Delfine verstehen Gestensprache
Hawaiianische Forscher haben Delfinen sogar eine Gestensprache, bestehend aus 50 bis 60 Wörtern, beigebracht. Bei ihren Studien konnten sie nachweisen, dass die Meeressäuger nicht nur auf Zeichen für „Ball“ oder „Fluke“ reagierten, sie waren bei den Experimenten im Basin auch dazu in der Lage, Kombinationen aus bis zu fünf Wörtern richtig zu verstehen. Aufträge wie „Ball holen Reifen“ begriffen sie mühelos. Sie schwammen tatsächlich zum Spielgerät hin und transportierten ihn dann bis zum Reifen.
Ein anderes Beispiel: Delfine wie der Große Tümmler haben ausgeklügelte Jagdstrategien entwickelt und können dabei offenbar eine Verbindung zwischen Ursache und Wirkung herstellen. So haben sich einige Tiere an der Küste Floridas darauf spezialisiert, ihre Beutefische im flachen Wasser mithilfe einer selbsterzeugten Welle an Land zu schleudern. Anschließend „schwingen“ sich die Tümmler dann selbst weit aus dem Wasser und holen sich ihre Beute.
Dass Delfine keine reinen Instinkt gesteuerten Roboter sind, die aus einer genetisch festgelegten Schablone ihre Kunststücke abrufen, ist heute aufgrund solcher Studien unter Wissenschaftlern unstrittig. Ob sie aber dem Klischee von hochintelligenten, menschenähnlichen Wesen im Meer – wie sie der frühere Chef von Greenpeace Dänemark Mikael Gylling Nielsen einmal nannte – gerecht werden ist nach neuesten Forschungsergebnissen mehr als fraglich…
Stand: 29.10.2004