Lange Zeit wurde das Herz vor allem mechanistisch betrachtet. Doch es ist mehr als eine rein mechanisch arbeitende Pumpe: Das Herz ist durchzogen von einem Netz aus Nervenzellen, das auch mit dem Gehirn in Verbindung steht. Über sympathische und parasympathische Leitungsbahnen kommuniziert das vegetative Nervensystem mit unserem Pumporgan – und kann so Einfluss auf dessen Schlagfrequenz, Kontraktionskraft und Erregbarkeit nehmen.
Die sympathischen Nervenbahnen haben ihren Ursprung in den Halsganglien und werden auch als Herznerven bezeichnet. Sie sind für die Steigerung der Herzleistung zuständig. Zum Beispiel schütten sie bei körperlicher Belastung den Neurotransmitter Noradrenalin aus, der dem Herzen das Signal gibt, schneller und kräftiger zu schlagen. Ihre Gegenspieler, die parasympathischen Fasern, entspringen dem Vagusnerv und enden in einem Nervengeflecht an der Herzbasis. Sie können für Entspannung und eine Verlangsamung des Herzschlags sorgen.
Botenstoffe und Sensoren
Zusätzlich steht das Herz mit dem Rest unseres Körpers über Hormone in Verbindung. Sie erreichen das Organ über die Blutbahn und wirken sich ebenfalls auf seine Schrittmacherzentren aus. Die Kommunikation funktioniert jedoch auch in die umgekehrte Richtung. So fanden Kardiologen kürzlich heraus, dass das Herz als Reaktion auf Berührungen das Kuschelhormon Oxytocin ausschüttet. Außerdem kann es in seinen Vorhöfen einen harntreibenden Botenstoff produzieren und auf diese Weise Einfluss auf das zirkulierende Blutvolumen und den Blutdruck nehmen.
Bei der Regulation des Blutdrucks spielen auch Sensoren im Herzen eine zentrale Rolle, die sogenannten Barorezeptoren. Diese messen die Dehnung des Vorhofs. Dadurch können sie einen kurzfristig erhöhten oder erniedrigten arteriellen Druck registrieren – und ihn ausgleichen. Zu diesem Zweck senden sie Impulse an das Kreislaufzentrum im Hirnstamm und hemmen oder stimulieren dort je nach Bedarf den Sympathikus.
Sinnesorgan und Herzgehirn?
Das Herz könnte nach Meinung einiger Forscher daher durchaus als Sinnesorgan bezeichnet werden. Auch über die Existenz eines Herzgehirns, ähnlich dem Bauchhirn, wird inzwischen diskutiert. So weit wie einst Aristoteles, der das Herz für den Sitz der Seele und des Verstandes hielt, mögen Wissenschaftler heute zwar nicht gehen. Klar scheint jedoch: Die Funktionsweise des Herzens ist weitaus vielfältiger und komplexer als der Begriff der Pumpe zu vermitteln mag.
Daniela Albat
Stand: 16.06.2017