Anthropogeographie

Mehr als nur stilistische Schnörkel

Wie werden Lautbilder eingesetzt?

Wissenschaftler am MPI für Psycholinguistik studieren Lautbilder im Rahmen von Feldforschungen in etlichen Sprachen der Welt. Um zu untersuchen, wie diese Wörter sensorische Wahrnehmungen kodieren, benutzen sie speziell entwickelte und gestaltete Materialien. Die Menschen sollen dann deren unterschiedliche Struktur oder Beschaffenheit in ihrer Sprache beschreiben – und oft werden dabei Lautbilder benutzt.

Die Forscher erstellen auch Video- und Audio-Aufnahmen von alltäglichen Gesprächen, um zu verstehen, wie Menschen diese Wörter in der Interaktion von Angesicht zu Angesicht gebrauchen – in der Situation also, in der Sprache entstanden ist und in der sie sich auch stets noch weiter entwickelt.

Durch Video-Aufnahmen fremder Sprachen – hier Unterhaltung beim Herstellen von Palmöl in Akpafu-Mempeasem, Ghana, – analysieren die Wissenschaftler alltägliche Gespräche, in denen Lautmalereien vorkommen. © MPI für Psycholinguistik / Dingemanse

Lautbilder als Zeichen von Eloquenz

Im Verlauf dieser Untersuchungen zeigte sich, dass Ideophone keinesfalls einfach nur stilistische Schnörkel und Floskeln sind, wie man ursprünglich dachte. Stattdessen sind sie gezielt sensorische Wörter. Sie werden benutzt, um Expertenwissen während gemeinsamer Arbeit zu kommunizieren und um Erfahrungen beim Erzählen von Geschichten zu teilen und zu interpretieren. In Sprachen, die über Tausende von Lautbildern verfügen, gilt ihr Gebrauch als Zeichen höchster Eloquenz.

Herausforderungen gewähren Möglichkeiten. Ideophone fordern uns dazu heraus, Theorien und Methoden zu erneuern, und bestärken uns darin, uns von einer Betrachtung der Sprache abzuwenden, die auf ideologischen oder akademischen Traditionen gründet, um so hin zu einer Perspektive auf Sprache zu gelangen, die sich auf so umfassende Daten wie möglich bezieht. Es sollte uns eigentlich nicht überraschen, dass im sprachlichen Leben Darstellung genauso wichtig ist wie Beschreibung.

Selbst unsere eigenen Forschungsergebnisse werden nicht nur mit abstrakten Worten mitgeteilt. Wir illustrieren sie mit Gesten, präsentieren sie auf Konferenzen und bilden sie ab mit Figuren und Diagrammen. Der Satz, ein Bild sage mehr als tausend Worte, scheint sich zu bewahrheiten. Aber was wir dabei möglicherweise übersehen haben, ist die Tatsache, dass unsere Wörter schon immer mit Bildern gewürzt waren.

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MPG Jahrbuch / Mark Dingemanse / Max-Planck-Institut für Psycholinguistik
Stand: 28.06.2013

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wie wir mit Sprache malen
Dem Wesen von Lautbildern auf der Spur

Der Klang der Wörter
Sprache informiert und stellt dar

Malen beim Sprechen
Was sind Ideophone?

Wie male ich mit Worten?
Die typischen Merkmale von Lautbildern

Mehr als nur stilistische Schnörkel
Wie werden Lautbilder eingesetzt?

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