Eine zukunftsträchtige Strategie sieht vor, den Chip mit deutlich mehr Kontaktstellen zu belegen. Dann könnten die kultivierten Zellen auf dem Chip wandern und wären dennoch immer auf einer aktiven Stelle. In einem Hirnschnitt ließen sich detailreiche Karten elektrischer Aktivität auslösen und beobachten. Bisher arbeiteten die Max-Planck- Forscher mit selbstgebauten Chips, auf denen Reihen von bis zu 128 Transistoren sitzen.
In Zusammenarbeit mit der Zentralen Forschungsabteilung der Firma Infineon haben sie jetzt einen neuartigen Mikrochip entwickelt, bei dem die Transistoren flächig angeordnet sind: Auf einem Quadratmillimeter Chipfläche befinden sich nun 128 mal 128, also insgesamt 16 384 Transistoren. Der Abstand zwischen den Transistoren beträgt acht tausendstel Millimeter und ist damit deutlich kleiner als der Durchmesser der Schnecken-Neurone.
Mit diesem Neurochip wird es in den kommenden Jahren gelingen, sowohl dicht gewachsene neuronale Netze in Kultur wie auch Hirnschnitte zu untersuchen. Ob es jemals Neurocomputer geben wird? An solchen Spekulationen mag sich Peter Fromherz nicht beteiligen: „Was sind schon einige wenige Schnecken-Neuronen verglichen mit dem menschlichen Gehirn?“ Wohl wahr: Im menschlichen Gehirn gibt es schätzungsweise an die 100 Milliarden Nervenzellen, und jede einzelne kann mit bis zu 10 000 anderen über ihre Kontaktstellen kommunizieren – das sind mehr als 100 Billionen Synapsen, die da miteinander verschaltet werden.
Gemessen an der ungeheuren Komplexität in unserem Kopf nimmt sich das Hybridsystem der Martinsrieder Forscher aus Mikrochip und Weichtier-Neuronen tatsächlich sehr bescheiden aus. Aber kleine Schritte sind oft der Anfang einer großen Reise.
Stand: 09.04.2004