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Adenoviren sind Meister im Heimsuchen menschlicher Zellen. Im Unterschied zu vielen anderen Vertretern der unsichtbaren Zunft sind sie jedoch wenig gefährlich und erregen meist vergleichsweise harmlose Erkältungskrankheiten. Adenoviren zählen zudem seit Jahren zu den Favoriten der Gentherapeuten, die Viren einsetzen, um fremde Gene in ihnen zu verpacken. Außerdem waren die Winzlinge auch lange Zeit die Lieblinge der Molekularbiologen, die an ihnen grundlegende molekulare Vorgänge entdeckt haben.
Adenoviren sind entsprechend gut erforscht und gelten derzeit als aussichtsreiche Kandidaten für eine neue Behandlungsform gegen Krebs. Ein Virus, das gegen Krebs zum Einsatz kommen soll, muss den Wissenschaftlern drei Wünsche erfüllen: Es muss seine Zielzelle verlässlich infizieren, diese Zielzelle sollte eine Tumorzelle sein, und das Virus muss genau diese Zelle kompromisslos zerstören.
Zerstören als Lebenszweck
„Das Infizieren und Zerstören von Zellen ist die Lebensaufgabe von Adenoviren“, erklärt Dirk Nettelbeck vom Deutschen Krebsforschungszentrum, der schon in einer Arbeitsgruppe von Professor D. Curiel im Gentherapiezentrum der Universität von Alabama in Birmingham, USA, und als Arbeitsgruppenleiter der Abteilung Experimentelle Dermatologie der Universitätsklinik Erlangen Erfahrungen mit Adenoviren gesammelt hat.
Hauptarbeitsgebiet der noch jungen Nachwuchsgruppe in Heidelberg ist es, die naturgegebenen Fähigkeiten der Viren mit Methoden der Gentechnik für die Therapie von Tumoren umzulenken. „Wir sind so etwas wie molekulare Ingenieure, die über einen Koffer mit Präzisionswerkzeugen verfügen“, vergleicht Nettelbeck. „Mit diesen Feinwerkzeugen versuchen wir, die Eigenschaften der Viren exakt an die neuen therapeutischen Erfordernisse anzupassen.“
Molekulare Maßarbeit
Um zu erreichen, dass Adenoviren vorrangig Tumorzellen befallen, kann man sie unter anderem mit molekularen Schaltern versehen. Diese sorgen dafür, dass die Vermehrung des Virus, die für die Zelle tödlich endet, einzig und allein in der Krebszelle stattfindet. Ob und in welchem Maße dies mit modifizierten Viren gelungen ist, prüft Mira Rohmer in einem Labor der „Angewandten Tumorvirologie“, dem eigens für die Virusforschung eingerichteten Gebäude des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Die Doktorandin betrachtet unter dem Mikroskop infizierte Zellen des Schwarzen Hautkrebses, des Melanoms. Auf dem flachen Boden einer Kunststoffschale sind die lang gestreckten Zellen als geschlossener Rasen sichtbar. Die Zellen aber, die von Adenoviren befallen sind, haben sich in auffälliger Weise abgerundet, an einigen Stellen des Zellrasens sind sogar Löcher, so genannte Plaques, entstanden. Hier haben die Viren die Tumorzellen aufgelöst. „Je mehr Plaques im Zellrasen zu sehen sind, desto erfolgreicher haben die Viren gearbeitet“, erklärt Mira Rohmer.
Claudia Eberhard-Metzger / einblick – Die Zeitschrift des Deutschen Krebsforschungszentrums
Stand: 17.04.2009