Zoologie

Merkwürdige Wirbel

Was das Rückgrat der Faultiere so besonders macht

Damit noch nicht genug: Auch die Wirbel der Faultiere haben sich im Laufe der Evolution so entwickelt, dass die sparsamen Tiere möglichst bewegliche Körperpartien besitzen und so nur selten ihren gesamten Körper bewegen müssen.

Ungewöhnlich langer Hals

So ist der Hals der Faultiere länger und beweglicher als bei anderen Säugetieren. Damit können die Tiere ihren Kopf um bis zu 270 Grad nach oben und unten und über 180 Grad nach links und rechts bewegen. Lange Zeit war nicht klar, worauf diese Halsverlängerung beruht: Zunächst gingen Forscher davon aus, dass die Dreifinger-Faultiere im Gegensatz zu den meisten Säugetieren wie Giraffen, Walen oder Spitzmäusen zu den wenigen Ausnahmen zählen, die acht bis zehn Wirbel statt sieben besitzen.

Grund für diese Annahme war, dass das Faultier im Halsbereich acht bis zehn rippenlose Wirbel hat, die laut der in der Anatomie gebräuchlichen Definition eigentlich Halswirbel sein müssten. Denn nach dieser gehören alle Wirbel, die oberhalb des Schultergürtels liegen, zu den Halswirbeln. Merkmale für im Rückgrat nach dem Hals folgenden Brustwirbel dagegen sind deren Rippenfortsätze.

Nur rippenlose Brustwirbel

Ob die Faultiere aber wirklich eine solche Ausnahme sind, hat ein internationales Forscherteam um Lionel Hautier von der University of Cambridge genauer untersucht. Dafür analysierten die Wissenschaftler mittels Computertomografie erstmals den Verknöcherungsprozess der Wirbel an seltenen Faultier-Embryonen aus alten Museumssammlungen. Das erlaubte Rückschlüsse auf die entwicklungsbiologische Zugehörigkeit der rippenlosen Faultierwirbel.

Skelett
Das Skelett von Faultieren unterscheidet sich von den meisten Säugetier-Skeletten. Besonders auffällig ist der lange Hals. © Chris Dodds/ CC-by-sa 2.0

Die Forscher konnten nachweisen, dass bei allen Säugetieren die Verknöcherung der obersten Brustwirbel jeweils vor der Verknöcherung der Halswirbel stattfindet. Jedoch nicht bei den Faultieren. Bei diesen findet die Verknöcherung der rippenlosen Halswirbel vor der Verknöcherung der Wirbel des Brustkorbs statt. Zudem fiel auf, dass die untersten ein bis drei, zuvor als „Halswirbel“ bezeichneten Wirbel der Baumbewohner in ihrer Entstehung eine große Ähnlichkeit mit Brustwirbeln aufwiesen, sie aber im Unterschied zu diesen nicht mit Rippen versehen sind.

„Wir sind daher zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den letzten beiden vermeintlichen Halswirbeln schlicht um rippenlose Brustwirbel handelt“, fasst Vera Weisbecker von der Universität Jena zusammen. Das heißt, die Zahl der effektiven Halswirbel liegt damit auch für Faultiere bei sieben – womit diese Tierart ebenfalls den für Säugetiere typischen Wirbelsäulenbauplan aufweist.

Auch untere Wirbel anders

Neben diesen Besonderheiten im Halsbereich besitzen die gemächlichen Baumbewohner auch am unteren Ende der Wirbelsäule spezielle Anpassungen. Ähnlich wie die mit ihnen verwandten Ameisenbären (Vermilingua) und Gürteltiere tragen sie zusätzliche Wirbelfortsätze am letzten Brustwirbel und den Lendenwirbeln. Diese bilden kleine Nebengelenke, die die Beweglichkeit der Wirbel gegeneinander erhöhen. Dies ermöglicht es Nebengelenktieren (Xenarthra) wie den Faultieren, ihr Rückgrat besser zusammenzuklappen und in sich zu verdrehen.

Außerdem ist für diese Tiergruppe typisch, dass die Wirbel im Beckenbereich verstärkt miteinander verschmolzen sind. Das verleiht dem unteren Rückgrat und den Hinterbeinen mehr Stabilität. Speziell für die Faultiere hat dies den Vorteil, dass sie sich einfacher – auch stundenlang – rücklings vom Baum hängen lassen können.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Faultiere
Die Spitzenreiter im Energiesparen

Energiesparer der Extraklasse
Die Überlebensstrategie des Faultiers

Merkwürdige Wirbel
Was das Rückgrat der Faultiere so besonders macht

An das Nahrungsangebot angepasst
Die energiearme Ernährung der Faultiere

Gut getarnt ist halb gewonnen
Schutzmethoden der Faultiere vor Fressfeinden

Die Vorfahren der Faultiere
Bodenlebende Giganten statt Baumbewohner

Rätselhaftes Ende
Warum starben die Riesenfaultiere aus?

Vom Menschen bedroht
Gefahren heutiger Faultiere

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