Quantenphysiker und Computerwissenschaftler arbeiten schon seit einigen Jahrzehnten an der Quantentechnologie. Inzwischen sind auch die ersten zwei, drei oder fünf-Qubit-Quantencomputer in den Labors realisiert. Doch bis die Technologie eine echte Alternative zu konventionellen Rechnern darstellt, müssen noch eine ganze Reihe gewaltiger Hürden genommen werden.
Eine der größten ist die Kohärenz, die Gesetzmäßigkeit, die das Quantenrechnen erst möglich macht, der Zustand der Unschärfe oder Überlagerung von Wahrscheinlichkeiten. Denn sie besteht nur solange fort, wie sie unbestimmt, also nicht durch Messungen gestört und verändert wird. Für die Konstruktion von Quantencomputern bedeutet dies, dass ihr Inneres, der Bereich, in dem die Atome in ihrem Überlagerungszustand die eigentlichen Rechenoperationen durchführen, hermetisch von allen äußeren Einflüssen und Störungen abgeschirmt sein muss. Jede Interaktion, selbst mit einem einzelnen Atom oder einem Lichtstrahl, würde ihren Zustand verändern und die Überlagerung beenden.
Dummerweise heißt dies aber auch, dass die Ausführung einiger der grundlegenden Funktionen eines Rechners, die Eingabe von Informationen und Befehlen und das Auslesen der Ergebnisse gleichzeitig auch alle Rechenprozesse beendet. Auch eine Fehlerkorrektur erscheint ohne Einblick in das System fast unmöglich.
NMR-Experiment am Lawrence Berkeley LaboratoryEine unlösbare Zwickmühle, wie es scheint, doch erste Lösungsansätze dieses Problems existieren bereits. Einer der erfolgversprechendsten nutzt eine Technologie aus der Neuromedizin, die Nukleare Magnetische Resonanz oder NMR. Die Computerwissenschaftler Gershenfeld und Chuang entdeckten, dass mithilfe von NMR Quanteninformation von Atomen in normalen Flüssigkeiten manipuliert werden kann, ohne deren Kohärenz zu zerstören. Der Trick: Jedes Qubit wird dabei nicht von einem einzigen Atom sondern von einer großen Menge von Atomen repräsentiert. Auf diese Weise kann, auch wenn einzelne Atome beispielsweise durch Messungen gestört werden, insgesamt der Zustand der Kohärenz aufrechterhalten werden.
Leider hält aber die Überlagerung auch ohne äußere Störung in der Regel nur wenige Augenblicke an: Die rotierenden Atome in der Flüssigkeit beginnen nach einigen Sekunden bis Minuten von alleine, die Kohärenz zu verlieren. Gershenfeld und Chuang haben kalkuliert, dass „die längste Kohärenzzeit für Flüssigkeiten ausreicht, um ungefähr 1.000 Operationen durchzuführen.“
Alles in allem, darin sind sich auch die Quantencomputerforscher einig, gibt es noch reichlich zu tun und genügend Herausforderungen, die bewältigt werden müssen. Noch erscheint die Prophezeiung Gershenfelds, dass es eines Tages flüssigkeitsgefüllte Quanten-PCs in jedem Supermarkt geben wird, eher unrealistisch. Vor nicht einmal 50 Jahren galten aber auch Visionen von Computern mit weniger als 1,5 Tonnen Gewicht noch als pure Science Fiction…
Stand: 16.10.2001