Innerhalb des folgenden Monats haben 163 Erdbeben in der Afar-Senke hunderte von Spalten geöffnet. Teilweise ist der Boden um über 100 Meter abgesunken und die Erde ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen. Der Graben zieht sich auf dem Kontinent, gespickt mit Erdspalten, Vulkanen und blutroten Seen, von Äthiopien am Horn von Afrika bis nach Süden zum Sambesi in Mosambik.
Die Erforschung einer Baustelle
Bereits 1883 entdeckte der deutsche Naturforscher Gustav Fischer ein riesiges zusammenhängendes Tal von Tansania bis Kenia. Der Wiener Geologe Eduard Sueß war es dann 1891, der erstmals die gesamte Länge des Tales vom Roten Meer bis zum Sambesi als eine gewaltige Bruchspalte in der Erdkruste erkannte. Die Kontinentalkruste war aufgebrochen und die Oberfläche mittig so eingesackt, dass ein Graben mit flachem Talboden sich über 6.000 Kilometer durch Afrika zog.
Mit Beginn des neuen Jahrhunderts wurde nicht nur die Geologie als Wissenschaft immer populärer, auch neue Instrumente machten bislang unvorstellbare Messungen möglich. Ab den 1970ern hatten die Wissenschaftler in der Afar-Senke eine ständige seismische Forschungsstation aufgebaut, die den Graben ständig überwachte.

Die Spalten sind aus dem Flugzeug besonders gut sichtbar. Wie trockener Lehm ist die Erdkruste aufgerissen und laufen genau parallel zu der Verwerfung. Einige der Schluchten sind bis zu 60 Meter tief und mit erstarrtem Lava angefüllt. © Julie Rowland / Universität Oxford/Auckland
Am 6.Januar 1978 kratzten die Zeiger ohne Pause steile Kurven auf das Papier: Innerhalb von 24 Stunden erschütterten 900 Erdstöße die Region. Vom Hubschrauber aus sahen Geophysiker, wie ein Riss den Boden blitzartig über mehrere Kilometer spaltete und knapp zwei Meter weit öffnete. Sofort schoss Magma mit etwa 80 Stundenkilometern aus der Spalte und breitete sich zu allen Seiten aus. Gleichzeitig wuchs vor ihren Augen in minutenschnelle ein Vulkankrater empor.
Alte Fragen – Neue Antworten?
Damals stellten sich die Forscher die Frage, wie wohl das Magma und die Bewegung der Erdplatten miteinander zusammen hingen. Drückte das aufquellende Magma die Platten auseinander, um dann an die Oberfläche steigen zu können? Oder rissen unbekannte Kräfte den Kontinent auseinander und gaben dem Magma so erst den Platz aufzusteigen?
Bis heute suchen die Wissenschaftler nach dieser Antwort. Dereje Ayalew und seine Kollegen aus Addis-Abeba haben in Zusammenarbeit mit Tim Wright von der Universität Oxford aus Satellitenbildern und GPS-Daten Computer-Modelle mit bislang ungeahnter Genauigkeit errechnet. Seit der Veröffentlichung im März 2006 ist in der Zeitschrift „nature“ nachzulesen, nicht nur warum Afrika in zwei Teile gerissen wird, sondern auch die ersten Vermutungen, welche Rolle dabei die Magma-Ströme im Erdinneren spielen.
Stand: 25.08.2006
25. August 2006