Linkshändigkeit ist keine Erfindung der Neuzeit: Schon unter unseren steinzeitlichen Vorfahren hat es vermutlich Menschen gegeben, die bevorzugt ihre linke Hand nutzten. Archäologen haben in Ausgrabungen sowohl „Rechtshänder“-Faustkeile, als auch eindeutig für linkhändigen Gebrauch optimierte Werkzeuge gefunden. Und auch einige Höhlenmalereien scheinen „mit links“ auf die Felswände gepinselt worden zu sein.
Eine „linke“ Minderheit
Aber schon damals galt: Wer alles „mit links“ macht, ist in der Minderheit – zumindest in der menschlichen Spezies. Rund zehn bis 15 Prozent aller Menschen bevorzugen heute mindestens bei einigen Tätigkeiten ihre linke Hand. Der Anteil der Linkshänder variiert allerdings je nach Kultur und Bevölkerungsgruppe zwischen drei und 29 Prozent.
Wie stark sich die Linkshändigkeit bei einem Menschen ausgeprägt, ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Viele schreiben zwar mit rechts, machen aber alles andere mit links, andere nutzen beide Hände fast gleich stark, wieder andere sind ausschließliche Linkshänder.
Unter anderem deshalb fragen die in der Wissenschaft etablierten Händigkeitstests auch immer das Verhalten bei mehreren unterschiedlichen Tätigkeiten ab. Die Palette reicht dabei vom Zähneputzen, Werfen und Schneiden, über das Löffel halten oder Streichholz anzünden bis hin zum Schreiben und Zeichnen.
Extremfall im Kontinuum
Heute sind sich Wissenschaftler einig, dass die Händigkeit keine „Entweder-Oder“-Eigenschaft darstellt, sondern ein Kontinuum – eine lückenlose Skala, auf der nahezu alle Zwischenstufen vertreten sind. Die Psychologin Marian Annett von der Universität von Leicester hat in Experimenten und Befragungen die Händigkeit von hunderten von Kindern und jungen Erwachsenen in Großbritannien untersucht.
Ihr Ergebnis war bemerkenswert konstant: Rund drei bis vier Prozent der Personen machten tatsächlich alles nur mit links und waren hierbei auch deutlich geschickter als mit der anderen Hand, 60 bis 70 Prozent nutzen ausschließlich die rechte Hand. 25 bis 33 Prozent aber waren Mischhänder, deren Handpräferenz von der jeweiligen Tätigkeit abhing. Bei genauerem Hinsehen identifizierte die Forscherin auch innerhalb dieser Gruppe sogar noch Abstufungen und entwickelte letztlich ein Modell, nach dem es acht Stufen der Geschicklichkeit und starken oder schwachen Händigkeit gibt.
Während eine echte Gleichhändigkeit sehr selten ist – nur rund drei von tausend Menschen nutzen beide Hände absolut gleichberechtigt – ist eine mehr oder weniger „mischhändige“ Arbeitsteilung zumindest unter den Linkshändern weitaus häufiger als angenommen.
Nadja Podbregar
Stand: 08.08.2014