Was wäre wenn ein Astronaut auf dem Weg zum Mars schwer erkrankt? Oder wenn Besatzungsmitglieder durch ein Unglück oder einen Unfall schwere Verletzungen erleiden? Für ein Raumschiff auf dem Weg zum Mars ist das nächste Krankenhaus im Extremfall 50 Millionen Kilometer entfernt – mal eben den Notarzt holen ist da nicht möglich.
„Die Chance der Unterstützung bei der Rettung Erkrankter oder Verletzter von der Erde aus ist ziemlich gering, da die Kommunikation nur mit erheblicher Zeitverzögerung funktionieren kann“, erklärt Wolf Mann, Mediziner der Universität Mainz. Bei Mars-500 gibt es mit Sukhrob Kamolov und Alexandr Smoleevkiy gleich zwei ausgebildete Ärzte an Bord, aber im Extremfall könnten ausgerechnet diese beiden durch einen Unfall verletzt werden. Darauf müssen die anderen Crewmitglieder schnell reagieren können – und das möglichst medizinisch richtig.
Crashkurs in Notfallmedizin
„Daher muss die Besatzung lernen, vollständig autark zu überleben. Im Extremfall muss die Crew sogar in der Lage sein, ein Crewmitglied zu reanimieren“, so Mann. Alle Mars-500 Teilnehmer haben deshalb vor Beginn der Isolation einen speziellen dreitägigen Crashkurs in Notfallmedizin absolviert, angeleitet von den Mainzer Medizinern. Diese haben neben speziellen Checklisten wie beispielsweise zum Vorgehen bei einem Herzstillstand, auch Verfahren entwickelt, die den Laien die Anwendung auch komplizierterer medizinischer Tätigkeiten erleichtern.
ESA-Astronaut Romain Charles und seine Kollegen lernten daher an einer lebensechten Puppe, wie man Infusionen oder Spritzen nicht über die Vene gibt, sondern in die leichter zu treffende Knochenmarkshöhle des Schienbeins. Ein spezieller, sich selbst positionierender Tubus hilft, wenn ein Patient intubiert werden muss, um künstlich beatmet zu werden. Normalerweise kann das unsachgemäße in den Rachen schieben dieser steifen Beatmungsröhre erhebliche Verletzungen verursachen.
iPod-Touch als Testwerkzeug
Während der Isolationsphase müssen die Astronauten immer wieder an verschiedensten Tests beweisen, ob und dass sie das Gelernte noch präsent haben. Die Simulationspuppe durfte deshalb natürlich mit ins „Raumschiff“. Um die geistige Fitness unter stressigen Bedingungen geht es auch in zahlreichen anderen Tests an Bord, wie Charles in seinem Bordtagebuch erzählt: „Wir müssen zählen, Zeit abschätzen, auf visuelle Stimuli reagieren oder all diese Dinge auf einmal tun, während wir stressende Spiele spielen.“
Für einen Teil dieser Tests setzen die Wissenschaftler keine aufwändigen Neuprogrammierungen ein, sondern einfach handelsübliche „Edutainment“-Spiele. „Wir nutzen einen iPod-Touch mit diesen kognitiven Tests, drei davon“, so Charles. „Da wir uns dabei die Bestenliste ansehen können, entsteht ein Wettbewerb zwischen uns und wir versuchen natürlich jedes Mal wenn wir spielen, unser Bestes zu geben.“ Von diesem zusätzlichen Ansporn profitieren Besatzung und Forscher gleichermaßen.
Nadja Podbregar
Stand: 21.01.2011