Das europäische Pazifikbild ist weiterhin unvollständig und auch der Mythos des südlichen Schlaraffenlands Terra Australis geistert noch immer durch die Kreise der Wissenschaftler und Politiker. Zu verlockend ist für die seefahrenden Nationen der damalige Zeit der Reiz, einen neuen riesigen Kontinent zu entdecken, auf dem möglicherweise gewaltige Reichtümer und viel Macht zu erobern sind.
Erst durch die drei Reisen von James Cook rücken viele Puzzlesteine im Bereich des Stillen Ozeans an die richtige Stelle und der Traum vom reichen Südland muss endgültig begraben werden.
Terra Australis Incognita, das haben alle Forschungsreisen vor Cook zusammen genommen ergeben, konnte nur – wenn sie keine Fiktion war – irgendwo südlich des 50. Breitengrades liegen und zwar westlich von Kap Hoorn und östlich von Afrika. Alle anderen größeren Meeresgebiete sind durch die vielen Entdecker bereits vergeblich durchkämmt worden.
Als Cook im Jahr 1769 auf seine erste Reise in die Südsee geht, hat er zwei Aufgaben zu erfüllen. Einerseits soll er auf Tahiti mit seiner Mannschaft ein seltenes astronomisches Phänomen, die Wanderung der Venus über die Sonne verfolgen. Die Astronomen erhoffen sich von der gleichzeitigen Beobachtung dieses Vorgangs an vielen weit auseinananderliegenden Punkten auf der Weltkugel neue Erkenntnisse über die Entfernung der Erde von der Sonne.
In geheimer Mission hat Cook aber auch den Auftrag von der britischen Krone, sich doch noch einmal auf die Suche nach einem anderen südlichen Kontinent zu machen. Cook selbst weiß davon zu dem Zeitpunkt allerdings noch nichts genaues. Er darf die versiegelten Instruktionen erst in der Südsee öffnen.
1768 läuft die Endeavour mit 80 Mann Besatzung und einem 11-köpfigen Wissenschaftlerteam an Bord vom Heimathafen Plymouth aus. Nach anfänglichen Komplikationen – in Rio de Janeiro werden Cook und seine Männer für Piraten gehalten und verhaftet – führt ihn sein Weg zunächst um Kap Hoorn herum nach Tahiti, wo er die notwendigen astronomischen Informationen sammelt. Der erste Teil seines Auftrages ist erfüllt.
Endlich können jetzt die Siegel gebrochen werden und Cook erfährt wohin er segeln soll, um Terra Australis Incognita zu entdecken. Die Reise geht zunächst zu den Inseln unter dem Winde, die Cook und seine Gefährten sorgfältig kartieren. Dann nimmt er Kurs nach Süden und stößt bis zu 40. Breitengrad vor, ohne den sagenhaften Südkontinent gefunden zu haben. Weiter geht es danach Richtung Neuseeland. Nach einigen Scharmützeln mit den kriegrischen Maoris in der Poverty Bay umsegelt Cook innerhalb von sechs Monaten die Nord- und die Südinsel Neuseelands und kartiert die Küstenlinien.
Hier – wie von Tasman erhofft – beginnt der sagenumwobene Superkontinent demnach auch nicht. Wieder hat sich eine Hoffnung auf die wahre Terra Australis Incognita in Luft aufgelöst.
Cook verlässt schließlich am 1. April 1770 Neuseeland und wendet sich weiter Richtung Westen. Zu gerne möchte er zumindest als erster Europäer die Ostküste Australens betreten. Am 29. April erreicht er schließlich wohlbehalten die Botany Bay. Er erklärt die Ostküste formell zu britischem Eigentum und nennt die Region New South Wales. 3000 Kilometer Küstenlinie weit hinauf bis zum Cape York erforscht Cook im weiteren Verlauf der Expedition. Dabei entdeckt Cook einen der vielleicht besten natürlichen Häfen der Welt. Einige Jahre später wird in der Region von Port Jackson, wie Cook das Gebiet nennt, Sydney gegründet.
Auch das gefährliche Great Barrier Reef kann ihn von seinen Forschungen nicht abhalten. Zumindest einmal während der wochenlangen Fahrt durch das Riff wird es dabei richtig gefährlich. Unerwartet und unvermittelt sitzt die Endeavour auf einem Riff fest. Aber Cook bewahrt die Ruhe. Kanonen, Ballast, überflüssiger Proviant und vieles mehr gehen über Bord und bei einer der nächsten Fluten kommt das Schiff frei. In einer nahe gelegenen Flussmündung bringt Cook das Schiff in Sicherheit. Hier kann es auch notdürftig repariert werden.
Mit dem immer noch nicht voll funktionstüchtigem Schiff macht sich Cook dann auf die Suche nach der Torresstraße, die er schließlich auch als zweiter Europäer erfolgreich durchfahren kann.
Stand: 26.09.2000