Auch wenn für die Entdeckung neuer Elemente die Protonenzahl im Kern maßgeblich ist – ein Atom besteht immer auch aus Elektronen. Sie umkreisen den Atomkern auf unterschiedlichen Bahnen. Ihr Tempo und ihre Entfernung vom Kern werden dabei vor allem von der Kernladung bestimmt. Doch genau hier liegt ein weiterer limitierender Faktor dafür, wie viele Elemente es geben kann.
Rasend schnell um den Kern
Das Grundprinzip ähnelt dem Verhalten von Monden um einen Planeten: Je massereicher der Planet ist, desto schneller müssen die Monde kreisen, um in ihrem Orbit zu bleiben. Sind sie zu langsam, reicht ihre Energie nicht aus, um der Schwerkraft des Planeten zu widerstehen und sie stürzen irgendwann auf ihn herab.
Ähnlich ist es auch im Atom, nur dass hier die Ladung des Kerns der anziehende Faktor für die Elektronen ist: Je mehr positiv geladene Protonen im Atomkern enthalten sind, desto schneller müssen die negativ geladenen Elektronen in der Hülle kreisen, um nicht in den Kern zu fallen. Dadurch erreichen beispielsweise die Elektronen des Goldes mehr als die halbe Lichtgeschwindigkeit.
Die Folge: In den Atomen schwerer Elemente treten relativistische Effekte auf – die Elektronen erhalten durch ihre hohe Beschleunigung mehr Masse und Energie und die Elektronorbitale verändern ihre Form. Dies verleiht vielen schweren Elementen besondere Eigenschaften und ist beispielsweise für den Glanz des Goldes verantwortlich.
Das Einsteinsche Limit
Doch die Elektronen können nicht unendlich schnell werden. Nach Einsteins Spezieller Relativitätstheorie bildet die Lichtgeschwindigkeit eine nicht durchbrechbare Grenze – sozusagen das kosmische Tempolimit. Umfasst ein Atomkern daher so viele Protonen, dass die Elektronen schneller als das Licht durch die Atomhülle rasen müssten, ist auch die Grenze der denkbaren Elemente erreicht.
Gängigen Schätzungen nach könnte dieser Punkt etwa bei Element 170 bis 172 erreicht sein. Weil bei diesen Atomen die Elektronen nicht mehr ausreichend schnell werden können, stürzen sie in den Kern. Dort verschmilzt das Elektron mit einem Proton und wird zu einem Neutron. Durch diesen Prozess sinkt die Protonenzahl in Kern so lange ab, bis sich die Elektronenhülle wieder stabilisiert. Die obere Grenze der machbaren Elemente könnte demnach durch diesen sich selbst begrenzenden Prozess gebildet werden.
Jagd auf 119 und 120
Das aber bedeutet auch: Nach Oganesson mit der Ordnungszahl 118 könnten noch einige Elemente folgen – theoretisch. Schon jetzt arbeiten Kernphysiker daran, die Elemente 119 und 120 zu erzeugen. Am RIKEN-Forschungszentrum in Japan schießen sie dafür Vanadium (23) auf Ziele aus Curium (96) und hoffen so, Element 119 herzustellen.
In Dubna wurde eigens für die Jagd auf diese superschweren Kerne eine ganz neue Beschleuniger-Anlage gebaut. Die „Fabrik für superschwere ELemente“ wurde am 25. März 2019 offiziell eröffnet. Sie solleinen besonders intensiven Strahl von Titan-Kernen auf Ziele aus Berkelium und Californium schießen, um die Elemente 119 und 120 zu produzieren.