Eine weitere wichtige und vielversprechende Anwendung von mRNA-Wirkstoffen ist der Kampf gegen Krebs – und auch hier spielt die Aktivierung des Immunsystems eine entscheidende Rolle. Denn die meisten Krebstumore schaffen es auf gleich mehrfache Weise, sich vor dem Immunsystem zu verstecken und so die normalen Abwehrmechanismen gegen entartete Zellen zu unterlaufen.

Impfstoff „verrät“ Krebszell-Biomarker ans Immunsystem
An genau diesem Punkt setzen die mRNA-Vakzinen gegen Krebs an: Sie enthalten die Bauanleitung für sogenannte Neoantigene – Proteine, die nur von mutierten Krebszellen produziert werden, darunter bestimmte Wachstumsfaktoren und Antigene. Unter normalen Umständen rufen diese Biomarker keine oder eine nur gebremste Immunreaktion hervor, weil die Krebszellen diese bremsen.
Das aber ändert sich, wenn die mRNA-Bauanleitung für diese Biomarker durch bestimmte Immunzellen aufgenommen wird. Diese präsentieren dann die entsprechenden Krebsproteine auf ihrer Oberfläche und ermöglichen es dadurch anderen Abwehrzellen wie den T-Killerzellen, diese Proteine als krank oder fremd zu erkennen. „Ein erfolgreicher Krebs-Impfstoff muss solche starken T-Zell-Reaktionen hervorrufen, vor allem bei den T-Killerzellen, die entartete Zellen direkt abtöten können“, erklärt Norbert Pardi von der University of Pennsylvania in Philadelphia.
mRNA gegen Melanom und Co im Test
Ein Vakzin nach diesem Prinzip wird zurzeit von BioNTech/Pfizer in einer Phase-2-Studie getestet. Das Vakzin enthält den RNA-Code für vier Proteine, die bei Schwarzem Hautkrebs von den Melanomzellen produziert werden. Voruntersuchungen hatten ergeben, dass die Krebszellen von rund 90 Prozent aller Melanom-Patienten mindestens einen dieser Biomarker tragen. Bei ihnen könnte die Impfung daher funktionieren.