Der Inyltschek-Gletscher ist nicht nur aufgrund seiner Ausmaße ein interessantes Forschungsobjekt. Er stellt auch ein Paradoxon dar, das zu verstehen, neue Erkenntnisse zum Klimawandel bringen könnte.
Komplexes Gletscher-System
Der Gletscher ist im oberen Drittel in zwei Gletscherströme geteilt, den nördlichen und den südlich Inyltschek, die in zwei nahezu parallel verlaufenden Tälern liegen. Auf der Höhe der neu errichteten Gottfried-Merzbacher-Station vereinigen sich die beiden Täler.
Vor etwa 70 Jahren begann der nördliche Inyltschek abzuschmelzen. Heute endet die Gletscherzunge des nördlichen Inyltschek etwa fünf Kilometer oberhalb des Merzbacher-Sees – hinter einem mächtigen Moränenwall aus Schutt.
Das Phänomen: Während der nördliche Inyltschek zurückschmilzt, stößt der südliche Inyltschek weiter vor. Hermann Häusler, Geologe von der Universität Wien sagt dazu: „Innerhalb von wenigen Quadratkilometern herrschen also Bedingungen, die den einen Gletscher abschmelzen, den anderen jedoch vorstoßen lassen.“
Modellhafte Untersuchungen
Häusler und sein Kollege Diethard Leber, Fernerkundungsexperte und ebenfalls von der Uni Wien, waren an der diesjährigen Expedition zum Inyltschek-Gletscher beteiligt. Zusammen mit den Kollegen vom GFZ und vom ZAIAG wollen sie den Inyltschek in den kommenden Jahren modellhaft untersuchen. Die Erkenntnisse könnten dann höchstwahrscheinlich auch auf die Entwicklung anderer Gletscher in der Region übertragen werden.
Während sich die Kollegen vom GFZ und vom ZAIAG vordergründig um die klimatische Situation am Gletscher kümmern, wollen die Österreicher mit Hilfe von Fernerkundung und weiteren geophysikalischen Methoden den Gletscher selbst näher untersuchen.Dabei wolle man, so Leber, zentrale, aber bisher noch unbeantwortete Fragen zu den Eigenheiten des Gletschers klären: Wie ist die Gletschermächtigkeit? Gibt es Abflusssysteme im Gletscher? Wenn ja, wie groß sind diese ? „Das Ganze,“ so Leber, „mag vorderhand vielleicht etwas weit entfernt vom Thema Global Change aussehen, hat aber unmittelbar damit zu tun. Es ist immer schön, irgendwo zu stehen und zu sagen, ein Gletscher hat sich zurückgezogen. Tatsächlich muss man das alles irgendwie fassen oder beweisen können, man muss Formeln zugrunde legen und es berechnen können.“
Stand: 30.10.2009