Woher kamen die ersten Bausteine des Lebens auf der Erde? Lange ging man davon aus, dass komplexere organische Moleküle wie DNA-Bausteine, Peptide oder Aminosäuren in irdischen Gefilden gebildet wurden – an unterseeischen Schloten, hydrothermalen Tümpeln oder auch flüssigkeitsgefüllten Poren im Gestein.
Synergie von Weltall und Erde
Doch inzwischen rückt ein anderes Szenario immer stärker in den Fokus. Nach diesem könnte der Ursprung des Lebens auf der Erde sowohl einen kosmischen als auch einen irdischen Anteil gehabt haben. Anders als bei der Panspermie-Hypothese, nach der das Leben selbst in Form einfacher Zellen aus dem Kosmos auf die Erde gelangt sein soll, sieht das aktuelle Szenario eher eine Art Synergieeffekt von „Himmel“ und Erde vor: Organische Moleküle, die sich im Weltraum gebildet haben und auf die Erde gelangten, könnten die Bausteine geliefert haben, die sich dann auf der Erde weiterentwickelten und zur Entstehung der ersten Protozellen führten.
Transportmöglichkeiten vom All auf die Erde gab es reichlich: Gerade in der Frühzeit des Sonnensystems wurde die junge Erde von unzähligen Resten der Planetenbildung getroffen, auch Kometen aus den eisigen Außenbereichen des Sonnensystems waren darunter. Hinzu kommt, dass noch heute rund 15.000 Tonnen interplanetarer Staub pro Jahr in die Erdatmosphäre hineinregnen – rund die Hälfte davon dringt bis zur Erdoberfläche durch, wie Analysen antarktischer Schneeproben im Jahr 2021 nahelegten.
Erste Zutat: DNA-Bausteine
Aber können organische Moleküle unter Weltraumbedingungen überhaupt entstehen? Die Antwort auf diese Frage ist für die Entstehung von Leben auf der Erde von entscheidender Bedeutung. Denn sie bestimmt, ob und welche Lebensbausteine Kometen, Meteoriten oder Weltraumstaub auf die Erde getragen haben können.
Erste Antworten auf diese Fragen haben inzwischen Meteoritenanalysen, Laborexperimente und auch Weltraummissionen geliefert. Bereits 2011 wiesen NASA-Forscher bei der Analyse von Meteoritenproben mehrere Nukleobasen nach – die chemischen Buchstaben des DNA-Codes. Darunter fanden sich auch drei DNA-Basenvarianten, die auf der Erde nicht oder nur in verschwindend geringer Konzentration vorkommen. „Der Fund von Nukleobasen, die für die irdische Biochemie untypisch sind, ist ein starkes Indiz für eine extraterrestrische Herkunft“, erklären die Wissenschaftler. 2022 wurden dann auch die letzten beiden der fünf in RNA und DNA vorkommenden DNA-Basen in Meteoriten nachgewiesen.
Laborversuche mit künstlich unter Weltraumbedingungen hergestellten Kometenkernen bestätigten zudem, dass im Eis dieser Brocken auch die Zuckermoleküle gebildet werden könne, die das Rückgrat des Erbmoleküls bilden. 2014 belegte dann ein Experiment mit einer Forschungsrakete, dass intakte DNA den ungeschützten Aufenthalt im Weltraum überstehen kann.
Zweite Zutat: Aminosäuren
Noch mehr Indizien lieferten Raumsonden wie Rosetta, die Kometen aus unmittelbarer Nähe untersuchten und Kometenstaub analysierten. Die Sonde wies die Aminosäure Glycin in der Gas- und Staubhülle des Kometen Churyumov-Gerasimenko nach – und damit einen der Grundbausteine der zweiten wichtigen Gruppe von Lebensmolekülen, der Proteine. Auch Alkohole und andere organischen Moleküle wurden schon auf Kometen gefunden.
Doch wie komplex können solche chemischen Lebensbausteine im All werden? Und wo entstehen sie?