Phänomene

Mythos oder reales Phänomen?

Die Frage der Existenz von Kugelblitzen

Mit Kugelblitzen hat es eine merkwürdige Bewandtnis. Viele Menschen wollen sie gesehen haben, darunter auch sehr glaubwürdige, wie die berühmten Physiker Benjamin Franklin, Nikola Tesla, Nils Bohr oder Pjotr Kapitza. In Russland gibt es eine Gesellschaft, die eine Liste mit rund 5.000 Sichtungen dieses Phänomens führt. Doch geht man diesen Hinweisen genauer nach, so schwindet das Vertrauen in sie oft ziemlich schnell.

Historische Darstellung eines "Feuerballs": "Globe of Fire Descending into a Room" in "The Aerial World," by Dr. G. Hartwig, London, 1886 © historisch

Dennoch liegen so viele Berichte von glaubwürdigen Menschen vor, dass Gerd Fußmann, Wissenschaftler am Max- Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) und der Berliner Humboldt- Universität, von der Existenz der leuchtenden Kugeln überzeugt ist. „Sie sind eben nur sehr selten“, sagt er. Fotos von Kugelblitzen gibt es wenige. Und wenn, überzeugen sie kaum.

Fasst man alle Beschreibungen von Kugelblitzen zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Kugelblitze treten fast nur im Zusammenhang mit Gewittern auf, haben Durchmesser von einigen zehn Zentimetern und leuchten in unterschiedlichen Farben, meistens werden sie als rötlich beschrieben. Die Lebensdauer liegt überwiegend zwischen zwei und acht Sekunden. Manchmal löst sich das Phänomen mit einem lauten Knall auf.

Kugelblitzdarstellung aus dem 19. Jahrhundert © historisch

Rollende Kugeln aus Silizium…

Die Liste der rund hundert Theorien und Hypothesen enthält allerlei krause Ideen, zu denen das Auftreten von Antimaterie und kleinen schwarzen Löchern gehören. Es gibt noch eine Reihe anderer Erklärungsversuche für Kugelblitze. So haben zwei Physiker an der Universidade Federal de Pernambuco in Brasilien mit Hochspannungsentladungen Silizium verdampft. Dabei entstanden leuchtende Plasmakugeln von der Größe eines Tischtennisballs, die über Tische und über den Boden rollten. Sie leben zwar bis zu acht Sekunden lang, können aber nicht schweben.

..und Glas duchwandernde Mikrowellen

Die Theorie von Pjotr Kapitza aufgreifend haben japanische Wissenschaftler Plasmakugeln in stehenden Mikrowellen erzeugt, die sogar Glas durchqueren konnten. Allerdings werden hier die leuchtenden Bälle gewissermaßen ständig in den Leistungsbäuchen der Mikrowellen neu erzeugt. Da Mikrowellen Glas durchqueren können, taten dies die Plasmabälle scheinbar auch. In Wirklichkeit zerfi elen sie vor der Scheibe und entstanden dahinter wieder neu. Mit Kugelblitzen haben sie aber sicher nichts zu tun, weil Mikrowellenfelder dieser Art und Stärke in der Natur nicht auftreten.

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Thomas Bührke / MaxPlanckForschung
Stand: 22.08.2008

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Kugelblitze aus dem Wasserbecher
Dem Rätsel der leuchtenden Feuerbälle auf der Spur

Mythos oder reales Phänomen?
Die Frage der Existenz von Kugelblitzen

Leuchtblasen aus dem Wasserbad
Die erste „Kugelblitzmaschine“

Kugeln so heiß wie die Sonne
Entladung erzeugt glühendes Plasma

Farbenspiele mit Speichereffekt?
Chemolumineszenz und das Rätsel der Leuchtdauer

Vom Ball zum Kugelblitz
Löst das Labormodell die offenen Fragen?

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