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Archäologie

Natürliche und willkürliche Grenzen

Wo verlief der Römer-Limes?

Über rund sechs Jahrhunderte wuchs das Imperium Romanum vom kleinen Rom aus bis zum größten Reich in der europäischen Geschichte. Auf dem Höhepunkt seiner Ausdehnung und Macht – in der Zeit von etwa 100 bis 200 n. Chr. unter Kaiser Trajan und seinen Nachfolgern – umfasste es rund 40 Provinzen auf drei Kontinenten. Das Römische Reich verlief damals von Nordengland bis Nordafrika und vom Atlantik bis zum Nahen Osten.

Karte des Römischen Reichs im Jahr 117 n. Chr.
Das Römische Reich im Jahr 117 n. Chr., zur Zeit seiner maximalen Ausdehnung unter Kaiser Trajan. © ArdadN / gemeinfrei

Erst als im 1. Jahrhundert nach Christus die ertragreichsten Gebiete gewonnen waren und weitere Eroberungen unnötig und riskant schienen, entschlossen sich die Römer, stattdessen die bis dahin erschlossenen Gebiete zu sichern und vor unerwünschten Eindringlingen zu schützen. „So ging es ihnen darum, ihr Reich durch Umsicht zu bewahren“, berichtete der römische Geschichtsschreiber Appian.

Der Limes – die Limites

Bis dato wurde das Imperium vorwiegend von großen Flussläufen und Seegrenzen – wie dem Atlantik, der Nordsee, dem Schwarzen und Roten Meer oder dem Persischen Golf – sowie Wüsten und Gebirgen begrenzt. Überall, wo nach neuen Eroberungen keine solchen natürlichen Grenzen die Römer gegen den Rest der Welt schützten, errichteten sie unter Kaiser Domitian (81 bis 96 n. Chr.) und seinen zahlreichen Nachfolgern schließlich auch künstliche Barrikaden.

Diese mit Wehranlagen gespickten Schneisen in der Landschaft nennen wir heute Limites. Zusammen mit den „nassen Grenzen“ bildeten sie den römischen Limes, der die gesamte rund 7.700 Kilometer lange Außengrenze des Römischen Reichs umfasste. Die einzelnen Abschnitte des Limes sahen jedoch nicht überall gleich aus, wurden zu unterschiedlichen Zeiten erbaut und teils mehrfach verschoben oder ausgebaut.

Grenzbefestigungen gegen die Germanen im Norden

Die bekanntesten Wehranlagen entlang der römischen Grenze sind der Hadrianswall in Nordengland und der obergermanisch-rätische Limes in Süddeutschland. Beide wurden unter Kaiser Hadrian (117 bis 138 n. Chr.) nahezu gleichzeitig errichtet. Sie sollten das römische Territorium gegen die dort lebenden germanischen Stämme sichern.

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Überreste des Hadrianswalls
Der Hadrianswall trennte einst die römische Provinz Britannia von Schottland. © quisnovus/CC-by 2.0

Der Hadrianswall markierte das nördliche Ende des Imperiums und trennte die römische Provinz Britannia von Schottland. Er verlief über 118 Kilometer auf fast gerader Linie zwischen der Irischen See und der Nordsee, an der schmalsten Stelle der britischen Insel. Nach heutigem Wissensstand umfasste der Hadrianswall 320 Wachtürme, 17 Kastelle und etwa 80 Tore, die die Römer entlang der Gräben, Mauern und Erdwälle bauten.

Ähnlich sah der obergermanisch-rätische Limes aus. Dieser verlief von Rheinbrohl in Rheinland-Pfalz bis Eining in Bayern – über den Westerwald, Taunus, Odenwald, den Main und die Fränkische Alb – entlang der einstigen römischen Provinzen Germania und Rätia. An diesem 550 Kilometer langen Abschnitt war der Limes gut gesichert: Etwa 900 Wachtürme und 120 kleinere und größere Kastelle säumten die Grenze aus Gräben, Palisaden, Mauern und Wällen. Deren Bau „ging eine rund 160 Jahre andauernde Eroberungsgeschichte voraus, in deren Verlauf die Grenze des römischen Herrschaftsgebietes rechts des Rheins mehrmals vorverlegt wurde“, berichtet Historiker und Archäologe Thomas Becker.

Karte des Limesverlaufs in Westeuropa
In den Niederlanden und Deutschland dienten Rhein, Main und Donau als Grenzflüsse. Dazwischen erstreckte sich der obergermanische-raetische Limes. © Thioneb / gemeinfrei

Rhein und Donau als Grenzflüsse in Europa

Der Abschnitt westlich der Römergebiete in Süddeutschland heißt niedergermanischer Limes. Er verlief über knapp 400 Kilometer entlang des Rheins, von der Nordseeküste in den Niederlanden quer durch Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die dortige römische Provinz Germania inferior hatte somit eine vorgegebene Außengrenze.

„Die Römer nutzten den Fluss als natürliches Annäherungshindernis“, informiert das Heimatministerium NRW. „Anders als an anderen Limesabschnitten waren hier keine linearen Grenzbefestigungen nötig.“ Entlang des Rheins erbauten die Römer allerdings zusätzlich zahlreiche Militäranlagen wie Kastelle, Legionslager sowie den Palast des Heeresführers in der Provinzhauptstadt Köln.

Karte des Limesverlaufs im Osteuropa
Einstige Siedlungen und Legionslager in der römische Provinz Dacia, heute Teil Rumäniens und Serbiens, unter Kaiser Trajan (106) und der Räumung der Provinz im Jahr 271 n. Chr. © ArdadN/El_Bes/CC-by 3.0

Auch die Donau diente den Römern als Grenzfluss. Der sogenannte Donaulimes schützte das Imperium über 600 Kilometer in Bayern, Österreich und der Slowakei. Die einstigen römischen Provinzen in Osteuropa wurden ebenfalls über weite Teile durch diesen Fluss bis zu seiner Mündung ins Schwarze Meer in Bulgarien begrenzt – allerdings später unterbrochen durch eine lange Landgrenze im heutigen Rumänien. Dieser erst im 2. Jahrhundert n. Chr. errichtete Limes Dacicus setzte sich aus Wehranlagen entlang verschiedener Donauzuflüsse und ländlichen Limites zusammen.

Die Ostgrenzen des Imperium Romanum

In Vorderasien regierten die Römer einst Teile der Türkei und Armenien, von Syrien, Jordanien, Israel (beziehungsweise Palästina und Judäa) sowie Arabien. Im Vergleich zu den nördlicheren Provinzen gab es im Orient allerdings weniger befestigte Limesanlagen. Hier reichten die Flüsse Euphrat und Tigris sowie Wüsten, Gebirge und Meeresküsten als Begrenzung meist aus. Sie bildeten den Limes Ponticus und den rund 1.500 Kilometer langen Limes Orientalis.

Karte des Limesverlaufs in Afrika und im Orient
Verlauf des Limes Africanus von Ägypten bis Marokko. © DaniDF1995/CC-by 3.0

Doch auch diese Abschnitte wurden durch im Hinterland strategisch platzierte Forts geschützt. Vor allem Kaiser Diokletian (284 bis 305 bis n. Chr.) sicherte durch diese Befestigungen die Ostgrenze des Römischen Reichs gegen Angriffe der Perser und Araber.

Lose Wüstenlinie in Nordafrika

Auch in den sechs nordafrikanischen römischen Provinzen, die von Ägypten über Libyen, Tunesien und Algerien bis Marokko reichten, war der Limes keine einheitliche befestigte Linie. Vielmehr war er dort als loses System von Gräben und Wällen gestaltet, gesäumt von vereinzelten Türmen und Forts. Die insgesamt knapp 4.000 Kilometer lange Außengrenze des Imperium Romanum in Afrika bildeten – ebenso wie im Orient – häufig auch schlicht das dortige Straßennetz und die angrenzenden Wüsten.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Auf den Spuren des Limes
An den Außengrenzen des Römischen Reiches

„Leben am Limit“
Migration und Konflikte entlang des Limes

Natürliche und willkürliche Grenzen
Wo verlief der Römer-Limes?

Holzbarrikaden statt Stacheldraht
Wie waren die römischen Grenzanlagen aufgebaut?

Der Zerfall
Was vom Limes übrig blieb

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