600 Meter tief und nahezu senkrecht fallen die Steilhänge vom Rand des Ngorongoro-Kraters bis zum Boden hinab. Von der Form her gleicht die Caldera einem Ei, nur dass dieses etwa halb so groß ist wie der Bodensee – circa 250 Quadratkilometer.
Doch nicht nur die Architektur dies Naturphänomens ist beeindruckend, auch seine biologische Vielfalt sucht ihresgleichen. Rund 25.000 Büffel, Gazellen, Löwen und Affen bevölkern heute den Kraterboden, dies haben die letzten Zählungen von Wissenschaftlern und Naturschützern ergeben. Darüberhinaus tummeln sich dort zahlreiche Vogelarten wie Strauß oder Kronenkranich, Insekten oder Kleinsäuger.
So unterschiedlich wie die Tierarten, so unterschiedlich sind auch die Lebensräume im riesigen Oval. Der riesige Lerai-Wald mit seinen Fieberakazien ist die Spielweise der Elefanten. Hier finden sie ausreichend Nahrung, aber auch Rückzugsgebiete zur Fortpflanzung. Sie teilen sich das Gebiet mit grünen Meerkatzen, Buschböcken, Antilopen oder Adlern.
Wasser satt?
Inmitten des Kraters befindet sich ein der Lake Magadi, eine hoch konzentrierte Salzbrühe, in dem zu Spitzenzeiten viele tausend Flamingos Nahrung suchen und finden. In den Sümpfen des Gorigor Swamp gibt es vor allem Wasservögel, aber auch Flusspferde suhlen sich hier im Schlamm und zahlreiche andere Tiere nutzen das Feuchtgebiet als Anlaufstelle um zu rasten und ihren Durst zu löschen.
Büffel, Gnus, Zebras, aber auch Sträuße und Löwen haben dagegen die riesigen Savannen zu ihrem El Dorado auserkoren. Hier wird gegrast, Eier gelegt, gejagt und getötet und gefressen. Auch Leichenfledderer wie Geier oder Schakale finden hier immer Nahrung im Überfluss. Die Kraterhänge hat der Dikdik erobert. Diese Zwergantilopen sind kaum größer als Hasen und fressen gern Laub und Gräser, aber auch Früchte, die dort reichlich zu finden sind.
Möglich werden die üppige Vegetation und Tierwelt zwischen dem Kilimandscharo im Osten und der Serengeti sowie dem Victoria-See im Westen durch reichlich Wasser, das das ganze Jahr über zur Verfügung steht. Neben kleinen Flüssen wie Lerai, Munge und Oljoro Nyuki liefern zahlreiche große Quellen wie Ngoitokitok oder Seneto genügend kühles Nass, um Moore zu speisen und die Wasserversorgung der Wälder zu sichern. Dazu kommen die täglichen, zum Teil heftigen Niederschläge in den Regenzeiten November und Dezember und April bis Juni.
Lebensraum ohne feste Grenzen
Ngorongoro ist jedoch keine abgeschlossene Enklave des Lebens, kein Ghetto für Löwe & Co. Die prall gefüllte Lebenswelt steht in intensivem Kontakt mit den angrenzenden Hochebenen. Viele der Wildtiere, wie beispielsweise die Waldelefanten, kraxeln regelmäßig die steilen Kraterwege hinauf um im Umland nach Nahrung oder Geschlechtspartnern zu suchen.
Dort treffen sie auf zahlreiche Artgenossen, manchmal jedoch auch auf die Millionen Tiere umfassenden Herden von Zebras oder Gnus. Sie kommen während der Regenzeit auf ihren vom Instinkt getriebenen Wanderungen aus der nahe gelegenen Seregeti hierher, um zu rasten oder zu fressen oder in den Krater einzuwandern. Sie bringen frisches „Blut“ und frische Nahrung – zur Freude von Löwen, Hyänen oder Leoparden. In Spitzenzeiten bevölkern mehrere Millionen Tiere die Ngorongoro-Region. Die Tierdichte ist damit nach Angaben von Forschern so hoch wie nirgendwo sonst auf der Welt.
Kein Wunder, dass die Unesco das gewaltige Naturkunstwerk Ngorongoro-Krater samt Umland schon vor mehr als 20 Jahren als Weltnaturerbe anerkannt und unter besonderen Schutz gestellt hat. Das Gebiet umfasst rund 8.000 Quadratkilometer und ist damit mehr als dreimal so groß wie das Saarland.
Stand: 18.11.2005