Die Hoffnung, die eingeschleppten US-Krebse wieder loszuwerden, ist europaweit allerdings gering. Dafür geben Nachrichten aus der Wissenschaft Grund zu vorsichtigem Optimismus: Nicht alle amerikanischen Flusskrebse tragen den Krebspesterreger. Es wurden schon stabile koexistierende Populationen von heimischen und invasiven Flusskrebsen beobachtet, wobei die US-Krebse frei von Krebspesterregern sind.
Überleben trotz Pest
Auch gibt es inzwischen Beispiele dafür, dass europäische Flusskrebse die Krebspest überleben können. In Rumänien und der Türkei wurde das an Populationen von Galizierkrebsen nachgewiesen, in Finnland bei Edelkrebsen. Trotz Infektion gab es dort keine Krankheitssymptome. Ob das einer gewachsenen Resistenz gegen den Erreger geschuldet ist oder andere Gründe hat, muss noch erforscht werden. Erste Studien deuten im Falle der finnischen Krebse auf eine verminderte Virulenz hin, das heißt: Die Erreger waren bloß zu schwach.
Den Niedergang der heimischen Flusskrebse zu stoppen, kostet mächtig Zeit und Geld. Einmal in der Reuse und auf dem Teller gelandet, lässt sich mit ihnen aber auch Geld verdienen: per Krebszucht. Denn Speisekrebse haben eine lange Tradition. Bis in das Jahr 1321 ist der Krebsfang belegt. Der Edelkrebs war eine weit verbreitete Fastenspeise.
Speisekrebse als lukrative Geldquelle
Den Wert von Speisekrebsen kennen auch Diebesbanden, vor denen sonst kein Solarmodul, Scheitholzstapel oder Gullideckel sicher ist. Deshalb soll der Ort geheim bleiben, an dem Harald Groß im Nebenberuf eine kleine Zucht aufgezogen hat. Mit Wachstumspotential: Das Areal, eine stillgelegte Teichkläranlage in der Eifel, ist zwei Hektar groß. „Für die Speisekrebsproduktion braucht man Fläche“, sagt Groß. In den sechs fussballfeldgroßen Teichen krebst nur Astacus astacus herum. Frischwasser liefern eine Quelle, ein Bach und Regen.
2012 haben Groß und sein Geschäftspartner erstmals Edelkrebse verkauft. „Kilomäßig war es nicht so viel. Wir fangen erst an“, sagt Groß und zieht eine Reuse an Land. Ein Dutzend Krebse hat sich vom Köder, einem toten Flussbarsch, in die Falle locken lassen. Eines der Tiere klammert einen gereichten Bleistift und lässt nicht mehr los. Weizen und Pellets aus Melasse gibt es zu futtern.
Der Fleischanteil der Schalentiere liegt nur bei rund einem Viertel. Trotzdem springen pro Kilo 30 bis 35 Euro heraus – bei Direktvermarktung an Restaurants. Bis zu 300 Kilo Nettoertrag lassen sich pro Jahr und Hektar Teichfläche erwirtschaften. „Es gibt aber starke Konkurrenz aus der Türkei und dem Iran“, sagt Groß. In Norddeutschland setzen viele Züchter lieber auf den Signalkrebs – weil der gegen die Krebspest immun ist.
„Outbreak“ im Krebsbecken
Vor natürlichen Krebsdieben wie Marder oder Reiher ist Groß nicht bange. „Sie kämen aus dem Teich nicht mehr raus.“ Die mit Folie und alten Dachpfannen ausgekleideten Becken haben nicht nur für die Krebse eine zu rutschige Böschung. Bedrohlich sei nur die Krebspest. Ein wenig erinnert das an den Killervirus Ebola und den Seuchenthriller „Outbreak“ mit Dustin Hoffman.
Schon ein einziger Wasservogel, der die Erregersporen mit sich herumschleppt und zufällig im Krebsteich landet, könnte die ganze Zucht ausradieren. Es braucht dazu nicht mal Vögel: Ein feuchter Gummistiefel oder eine Angel, behaftet mit Erregern, reichen auch schon, um „Outbreak“ im Krebsbecken wahrwerden zu lassen.
Weitere Informationen:
Edelkrebsprojekt NRW. Neustraße 7. 53902 Bad Münstereifel-Schönau. Telefon: 02253/960 859. E-Mail: info@edelkrebsprojektnrw.de. www.edelkrebsprojektnrw.de.
Forum Flusskrebse – Verein zur Förderung und zum Schutz der europäischen Flusskrebse. Bahnhofstraße 39/2, A-9020 Klagenfurt. Telefon: 0043/463/516 614. E-Mail: forum.flusskrebse@umweltbuero-klagenfurt.at. www.forum-flusskrebse.org
Kai Althoetmar
Stand: 02.10.2014