Zoologie

Neue Heimat für bedrohte Arten

Eine Ökostation am Steinhuder Meer

Das Tausend-Seelen-Dorf Winzlar, Kreis Nienburg, ein Flecken niedersächsischer Backsteinidylle: Scharlachrot geklinkerte Höfe, Streuobstwiesen, Rapsfelder, eine Biobäckerei, im Dorfzentrum ein offenes Bücherregal zum Buchtausch. Zum Steinhuder Meer sind es keine zwei Kilometer Fußweg durch das Naturschutzgebiet Meerbruchswiesen.

Die Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer e.V. (ÖSSM) in Winzlar. © Losch/ CC-by-sa 3.0

Im Dienst des Artenschutzes

Im Gebäude der Ökologischen Schutzstation Steinhuder Meer e.V. (ÖSSM), einem ökologisch restaurierten früheren Bauernhof in Winzlar, dem östlichen Ortsteil von Rehburg-Loccum, zeigen Livecams die Kinderstuben von Seeadler und Fischadler. Der Fischadlerhorst thront in 14 Metern Höhe auf einer Schwarzerle. Bilder der Brut zeigt die Station im Internet. Über dem Hof selbst kreist ein Schwarzmilan. Im Lerngarten bestimmen Schüler auf Klassenfahrt Wassertiere und Hochmoorpflanzen.

Feuchtwiesen umsäumen den Fuß- und Radweg zum Steinhuder Meer. Singdrossel und Mönchsgrasmücke lassen ihre Lieder hören. Zwei Nilgänse fliegen auf. „Invasive Art!“ ruft Thomas Brandt, Biologe und seit 1994 wissenschaftlicher Leiter der ÖSSM den Teilnehmern einer Zoologen-Tagung zu. Gegen diese Neubürger hat er nichts. „Die hindern nicht andere Vögel am Brüten.“

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Das Steinhuder Meer, 30 Kilometer nordwestlich von Hannover, 29 Quadratkilometer Wasserfläche, Deutschlands größter Flachsee, rein pflanzlich ein Raritätenkabinett. Wo der See verlandet, da blättert sich ein Botanik-Lexikon auf: Sumpfdotterblume, Kuckuckslichtnelke, Fieberklee, Schlangenwurz, Froschbiss, Teichsimse, im Hochmoor Natternzunge und Keulenbärlapp, im Grünland Mäuseschwänzchen und Wasser-Greiskraut.

Neue Heimat für Adler – und Nerz

Und es ist ein Paradies für Vögel. Man lasse einem Ornithologen nur ein „B“ zufliegen, und er zählt auf: Bekassine, Brachvogel, Braunkehlchen, Bartmeise, Brandgans. Alles da: von A wie Alpenstrandläufer bis Z wie Zwergstrandläufer. Seit dem Jahr 2000 brüten auch Seeadler wieder an dem Meer, das keines ist. 2006 kehrte ein erstes Fischadler-Paar zurück – dank Nisthilfe. Beide Adlerarten waren lokal schon vor 1900 ausgestorben.

In den vergangenen Jahren haben die Artenschützer im Naturpark Steinhuder Meer noch ein Tier heimgeholt, das wie kaum ein anderes in Europa vom Aussterben bedroht ist: Der Europäische Nerz wurde wieder angesiedelt. 90 Nerze sind schon unterwegs, 20 weitere sollen noch folgen. 2015 ist in jedem Fall Schluss. Danach folgt ein Monitoring, „um die Entwicklung der Population zu begleiten“, sagt Eva Lüers von der ÖSSM.

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Kai Althoetmar
Stand: 30.01.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Ein neuer Anfang für den Nerz
Wiederansiedlung der bedrohten europäischen Marderart

Neue Heimat für bedrohte Arten
Eine Ökostation am Steinhuder Meer

Einzelgänger mit Anspruch
Die Lebensweise des Europäischen Nerzes

Fast ausgestorben
Der Nerz überlebte nur in Refugien

Fatale Befreiung
Freigesetzte US-Nerze als Bedrohung

Projekt Wiederansiedlung
Nerz-Auswilderung am Steinhuder Meer

Neue Hoffnung
Die ersten Nerze am Steinhuder Meer

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