Die selektive Wirkung von Membranen lässt sich zur Trennung verschiedener Moleküle in einem Gasstrom nutzen. Sie beruht auf der unterschiedlichen Durchlässigkeit (Permeabilität) der Membran für verschiedene Moleküle.
Normalerweise streben Moleküle in Flüssigkeiten oder Gasen zum Konzentrationsausgleich. Wenn auf einer Seite der Membran sehr viel weniger von dem Molekül vorhanden ist, streben Moleküle von der höher konzentrierten Seite dorthin. Den Unterschied in der Konzentration bezeichnet man bei Gasen als Partialdruckdifferenz. Die Membran jedoch lässt nicht alle Moleküle ungehindert hindurch, sie ist selektiv. Wenn die Membran sehr viel stärker für Molekül A durchlässig ist, sprechen die Forscher von einer hohen Selektivität von Molekül A zu Molekül B.
Wasserstoff und CO2 im Gasstrom
Im Kohlekraftwerk funktioniert das Prinzip folgendermaßen: Der Gasstrom aus dem Kohlevergaser strömt nach der Wasser-Gas-Shift-Reaktion über die Membranoberfläche. Je nach Permeabilität für die CO2-oder H2- Moleküle und nach Partialdruckunterschied zwischen den Molekülen auf beiden Membranseiten passiert mehr Kohlendioxid oder mehr Wasserstoff die Membran. Ein Austausch findet so lange statt, wie der Partialdruck auf beiden Membranseiten unterschiedlich ist.
Eine Membran mit hoher Selektivität von H2 zu CO2 ist bei gleicher Partialdruckdifferenz deutlich durchlässiger für Wasserstoffmoleküle. In diesem Fall steigt die H2- Konzentration auf der anderen Membranseite, während sich CO2 auf der Ausgangsseite anreichert. Hat die aktive Membranfläche dagegen eine höhere Permeabilität für CO2, dann steigt die H2- Konzentration auf der Ausgangsseite.
Spülgas als positiver Faktor
Auf Grund ihrer Betriebsweise eignen sich H2-selektive Membranen nach Ansicht der Bochumer Ingenieure besonders für den Einsatz im Spülgasstrom des Kohlekraftwerks. Durch den Spülgasstrom – ein Gas, das keinen Wasserstoff enthält – kann der Partialdruck des Wasserstoffs auf der Permeatseite der Membran – der Seite jenseits der Membran – niedrig gehalten werden. Damit lässt sich die notwendige Partialdruckdifferenz zwischen Permeat- und Retentatseite gut einstellen. Zudem entfällt die Wiederverdichtung des Wasserstoffs auf den Eintrittsdruck in die Turbinenbrennkammer, die den Kraftwerkswirkungsgrad herabsetzen würde. Schließlich bleibt bei diesem Membrantyp auch der Druck des zurückgehaltenen Kohlendioxids hoch, was die für eine Verdichtung auf Pipelinedruck notwendige Leistung senkt.
Als Spülgas bietet sich bei den IGCC-Kraftwerken mit Pre-Combustion-Verfahren der Stickstoff aus der Luftzerlegungsanlage an. Er wird auch bei konventionellen IGCC-Kraftwerken ohne CO2- Abscheidung wegen seiner positiven Effekte im Verbrennungsprozess mit dem Brenngasstrom gemischt, wenn auch erst unmittelbar vor der Turbinenbrennkammer. Da bei CO2-selektiven Membranen kein Spülgas verwendet werden kann, weil es die Reinheit des abgetrennten CO2- Stroms erheblich reduzieren würde, muss die Membran auf der Permeatseite bei niedrigen Drücken betrieben werden. Damit steigt wiederum die Verdichtungsarbeit für den CO2-Strom erheblich.
Viktor Scherer, Johannes Franz / aus RUBIN (Ruhr-Universität Bochum)
Stand: 14.05.2010