An der Crux mit den Flusskrebsen ist nicht nur die Krebspest schuld, sondern auch die jahrzehntelange Schädigung ihrer Lebensräume. Bäche, die befestigt wurden, erhöhten die Fließgeschwindigkeit und verloren an Selbstreinigungskraft. Solche Mini-Wasserautobahnen sind kein Lebensraum für Flusskrebse. So anspruchslos die Krustentiere bei der Nahrung sind, brauchen sie saubere und versteckreiche, abwechslungsreiche Bäche mit naturnahen Uferstreifen, frei von Gülle, Kunstdünger und Pestiziden.
Schmutz, Dürre und Feinde
Die Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtwiesen raffte weitere Bestände dahin. Extreme Sommer sind eine weitere Gefahr. Eine lange Trockenheit – und die Tiere stellen die Fortpflanzung ein. Eine starke, auch nur kurzfristige Verschmutzung des Wassers – und ein Krebsbestand kann auf einen Schlag ausgelöscht sein.
Aber auch Fressfeinde können ihnen den Garaus machen, Hecht, Aal, Barsch und Forelle etwa, auch Ratten, Reiher, Kormorane oder Krähen. Der Krebsbrut stellen Libellenlarven, Eisvögel und Wasseramsel nach. Den Fischen sind die heimischen Krebse dagegen kaum Nahrungskonkurrent, weil sie viel Aas und Pflanzenreste vertilgen. Vielmehr erhöhen die Allesfresser den Lebensreichtum in Bach und Fluss, machen sich als „Kadaver-Müllabfuhr“ nützlich und sind ein Indikator für die Gewässer-Sauberkeit.
Aus dem menschengemachten Schlamassel kann längst nur noch der Mensch helfen: mit Ausrottungskampagnen, mit „Krebssperren“ – für Flusskrebse undurchdringliche, für Fische passierbare Schleusen – in Bächen, um die gebietsfremden von den heimischen Krebsen abzugrenzen, durch Verbote, invasive Krebse auszusetzen und heimische zu fangen. Fachleute plädieren sogar für ein EU-weites Import- und Handelsverbot in Sachen Alien-Krebse.
Chance nur dort, wo keine US-Krebse leben
Vor allem geschützte Bachabschnitte und isolierte Stillgewässer – vom Waldweiher bis zum Baggersee – könnten heimischen Flusskrebsen wieder eine Heimat bieten, weil dort nicht die Invasoren lauern. Den Restbeständen in großen Seen und Flüssen, wo sich Signalkrebs & Co. schon breitgemacht haben, droht indes der Exitus. Dort sind die Chancen, die invasiven Krebse restlos zu beseitigen gering.
Zahlen vom Signalkrebsfang an der Wupper 2012 zeigen das: Dort holten Fischereivereine in 219 Fangnächten fast zehntausend Signalkrebse aus dem Wasser – ein Schnitt von 45 Krebsen je Nacht. Hoffnung gibt es für befallene Bäche. Harald Groß berichtet, dass sich ein Bach mit maximal zwei Meter Breite per Handfang restlos vom Kamberkrebs säubern ließ.
In der Schweiz scheut man auch radikale Schritte nicht, um die ungebetene Gäste aus Übersee loszuwerden. Von invasiven Krebsen befallene Gewässer werden dort zuweilen systematisch abgefischt, Reusen sind im Dauereinsatz, Raubfische wie Aal und Hecht werden angesiedelt, im äußersten Fall legt man Gewässer zeitweilig komplett trocken oder schüttet sie dauerhaft zu.
Kai Althoetmar
Stand: 02.10.2014