Obwohl man dem Diamanten nachsagt, unvergänglich zu sein, ist er keineswegs unzerstörbar. Wird er unter Sauerstoffzufuhr erhitzt, verhält sich der Edelstein wie jede andere Konformation des Kohlenstoffs: Er verbrennt. „In der Luft beginnen natürliche Diamanten bei rund 800 Grad Celsius zu oxidieren“, erklärt Quan Huang von der chinesischen Yanshan Universität.
Während Schmucksteine kaum in eine solche Situation kommen dürften, ist dies bei industriell eingesetzten Diamanten aber durchaus der Fall: Beim Bohren oder Schneiden entwickelt sich Hitze, die die Diamantspitzen schnell zersetzen kann. Deshalb suchen Wissenschaftler schon länger nach Möglichkeiten, die für diese industriellen Anwendungen verwendeten Diamanten noch haltbarer und widerstandsfähiger zu machen.
Nanotwins gegen die Hitzeerosion
Eine Möglichkeit dafür könnte eine besondere Form synthetischer Diamanten sein, die Huang und sein Team vor einigen Jahren entwickelt haben. Ausgangspunkt dieser „Nanotwin“-Diamanten sind zwiebelartig geschichtete Kohlenstoffkügelchen, die bei Temperaturen von 1.580 bis 2.000 Grad und acht bis 25 Gigapascal Druck in einem Spezialofen erhitzt werden. Unter diesen Extrembedingungen entstehen Diamanten, deren Gitter zahlreiche parallel verlaufende Grenzflächen aufweist. An diesen stehen sich die Kristallstrukturen der winzige Untereinheiten wie Bild und Spiegelbild gegenüber.
Obwohl solche Grenzflächen im Gitter die Stabilität eines Kristalls oft herabsetzen, ist dies bei den Nanotwin-Diamanten offenbar nicht der Fall, wie Tests ergaben: „Sowohl in der Härte als auch in der Bruchfestigkeit übertreffen unsere Nanotwin-Diamanten alle bisher bekannten Diamanttypen oder Werkzeugmaterialien“, berichten Huang und seine Kollegen. Und auch im Hitzetest bewährten sich die Nanotwin-Diamanten: Sie begannen erst bei 980 Grad zu oxidieren. Nach Ansicht der Forscher könnte ihre Methode des Nanotwinning daher ein effektiver Weg sein, um die Härte, Bruchfestigkeit und thermische Stabilität von Diamant aber auch anderen ultraharten Materialien weiter zu optimieren.
Der Pentadiamant
Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, Diamanten eine noch größere Härte zu verleihen, wie japanische Forscher im Jahr 2020 entdeckt haben. Für ihre Studie hatten sie im Computermodell untersucht, wie sich Kohlenstoffatome verhalten, deren Außenelektronen unterschiedliche Bindungsformen aufweisen. Ein Teil der Atome besitzt dabei die vier diamanttypischen sp3-Hybridorbitale, beim Rest des Kohlenstoffs sind die Elektronen dagegen sp2-hybdrisiert. In diesem beispielsweise in Kohlenstoff-Doppelbindungen vorkommenden Zustand bildet jedes Kohlenstoffatom nur drei, jeweils 120 Grad gegeneinander versetzte Bindungen aus.
Das interessante daran: Wenn man beide Kohlenstoffformen mischt, entsteht eine dreidimensionale Gitterstruktur, in der die Kohlenstoffatome abwechselnd drei und vier Bindungspartner haben. Das Resultat ist ein Gitter aus ineinander verwobenen Kohlenstoff-Fünfecken – ein Pentadiamant. Tests ergaben, dass diese Diamantstruktur theoretisch knapp 1.700 Gigapasacal Druck standhalten kann und Schwerkräften von gut 1.160 Gigapacal. „Darin übertrifft er die Festigkeit des Diamanten“, berichtet Yasumaru Fujii von der Tsukuba Universität.
Gleichzeitig ist der Pentadiamant aber trotz der hohen Festigkeit relativ leicht: Seine Dichte entspricht nur der des Graphits. Die Forscher führen dies auf die spezielle Struktur des Kristallgitters zurück, in der die unterschiedlich großen, ineinander verwobenen Ringe wie die Stützstreben eines Gebäudes für zusätzliche Stabilität sorgen.
Nach Ansicht von Fujii und seinem Team könnte man solche Pentadiamanten nicht nur als Schneidmaterial oder Diamantstempel verwenden, sondern wegen der höheren Porosität sogar als stabilen Feststoffspeicher für Gase. Allerdings: Noch existiert diese exotische Form des Diamanen nur im Computer. Ob und wie gut sie sich herstellen lässt, muss sich daher noch zeigen.