Rudimentäre Überbleibsel aus der Frühzeit haben häufig den Ruf, funktionslos und sogar schädlich für unseren Körper zu sein. So denken die meisten bei Weisheitszähnen vermutlich an den Zahnarztstuhl und kennen das Wort Blinddarm vor allem in Verbindung mit dem Anhängsel Entzündung. Doch gerade der Blinddarm kann mehr als man ihm auf den ersten Blick zutrauen mag.
Blinddarm: Besser als sein Ruf

Der menschliche Blinddarm ragt aus dem Dickdarm heraus und hat einen schmalen Anhang, den Wurmfortsatz. Dieser Appendix ist der eigentliche Störenfried bei einer Blinddarmentzündung. Der Name ist also eigentlich falsch, hält sich aber im Volksmund. Die Benennung der Krankheit ist allerdings nicht der einzige Fall, in dem der Wurmfortsatz eher stiefmütterlich behandelt wurde. Man hielt ihn nämlich lange zu Unrecht für ein weitgehend funktionsloses Rudiment.
Schon Charles Darwin attestierte dem Appendix Nutzlosigkeit und schlussfolgerte, dass er ein verkümmertes Überbleibsel eines frühen Primaten sein musste, der sich von Blättern ernährte und so die zähen Fasern verdaute. Dieser Glaube hielt sich lange, doch heute ist bekannt: Der Wurmfortsatz des Blinddarms ist ein Reservoir für nützliche Darmbakterien und unterstützt damit unsere Immunabwehr. Bei einer Magen-Darm-Infektion schwemmt unser Körper die Erreger mittels Diarrhö möglichst schnell aus, trifft damit allerdings auch die guten Darmbakterien.
Der Wurmfortsatz bietet den guten Mikroben dank seiner abgelegenen Lage einen sicheren Unterschlupf, von dem aus sie den Darm wieder besiedeln und weitere Infektionen verhindern können. Er ist damit zwar kein Rudiment, aber trotzdem nicht zwingend überlebensnotwendig. Das ist praktisch, da er tatsächlich gemäß seinem Ruf häufig zu Entzündungen neigt und entfernt werden muss. Bei mehr als einem von 20 Menschen entzündet er sich im Laufe des Lebens und führt unbehandelt bei 50 Prozent zum Tod.