Die karge Welt der Höhlen weckt die Frage, was die Bewohner dieser unterirdischen Lebensräume fressen. Denn Pflanzen bekommen dort für ihr Wachstum nicht ausreichend Licht und nur selten verirren sich Insekten oder kleine Tiere der Außenwelt in die Dunkelheit.
Für Nahrung in der Unterwelt sorgt deshalb hauptsächlich das in die Höhlengänge abfließende Wasser. So werden etwa kleine Höhlenkrebse, -asseln und -schnecken durch die unterirdischen Gänge gespült. Außerdem ernähren sich Höhlentiere meist von Pilzen, Pflanzenresten und anderen organischen Materialien, die das Wasser in die tiefen Höhlenbereiche transportiert. Durch Luftströmungen erreichen mancherorts auch Pollen und Sporen die unterirdischen Hohlräume.
Gäste bringen Nahrung mit
Eine umso größere Rolle für das Nährstoffangebot spielen die saisonalen Höhlenbesucher: Beispielsweise jagen Fledermäuse zwar außerhalb, weil sie in Höhlen selten Beute finden, jedoch bringen sie wichtige Nährstoffe in Form ihres Kots in die Unterwelt. Das organische Material wird am Höhlenboden von Organismen wie Pilzen und Bakterien zersetzt und so für die ständig in der Höhle lebenden Tiere nutzbar.
Tiere wie die Käfergattung Bathysciola kommen wegen des besseren Nahrungsangebots sogar ausschließlich in Höhlen vor, die von Fledermäusen besiedelt sind. Gleiches gilt auch für die troglobionte Höhlenschlange Elaphe taeniura: Sie lebt in malaysischen Höhlen und ernährt sich dort nicht vom Kot der Flugtiere, aber von den Fledermäusen selbst.
Der Mangelware Nahrung trotzen
Und dennoch kommt es in Höhlen oft zum Nahrungsmangel, da die Saisongästen nicht jede Höhle heimsuchen – und wenn nur zeitweise. Dennoch verhungern die Höhlentiere nicht, denn ihre Ernährung hat sich im Laufe der Evolution an die extremen Lebensbedingungen angepasst: So haben sich viele der Bewohner zu Allesfressern entwickelt, die alle Nährstoffe aufnehmen und verwerten können, die sie bekommen.
Manche der in Höhlen lebenden Fischarten besitzen zudem einen kräftigen Kiefer mit einer größeren Anzahl von Zähnen als ihre oberirdischen Artgenossen, um damit am Gewässergrund effektiver Nahrung aufzuspüren. Und um in der Dunkelheit nicht einen Stein mit Futter zu verwechseln, besitzen sie an Maul und Gaumen zudem meist mehr Geschmacksknospen als ihre sehenden Verwandten.
Im Energiesparmodus
Außerdem haben die dauerhaft in den Höhlen lebenden Tiere einen sehr langsamen Stoffwechsel, mit dem sie auch längere Perioden ohne Nahrung überstehen. Forscher schätzen, dass beispielsweise Grottenolme etwa drei Jahre ohne Nahrung auskommen können. Dazu legen sie Ruhephasen ein, in denen sie sich nicht bewegen und solange Energie sparen, bis wieder genügend Nahrung zur Verfügung steht.
Auch die winzigen, ausschließlich in Höhlen lebenden Schnecken der Gattung Zospeum bewegen sich im Energiesparmodus: Sie sitzen an den ständig feuchten Höhlenwänden, am Höhlenboden oder auch auf verrottendem Holz und bewegen sich dabei nur etwa einen bis 15 Zentimeter in der Woche – im Durchschnitt also nur etwa sieben Millimeter pro Tag.
Ebenfalls aus Gründen des Energiesparens zeichnen sich die meisten Spezies auch durch niedrige Reproduktionsraten aus. Fehlt auf lange Sicht Nahrung, stellen die Höhlentiere ihre Fortpflanzung sogar ein. Das meist stetige Klima im Innersten der Höhlen ermöglicht es ihnen aber zumindest, sich zu jeder Jahreszeit fortzupflanzen, weil sie nicht zusätzlich auch noch eine Winterpause einlegen müssen.
Unter der Erde kaum Feinde
Aber warum leben die Tierarten in diesem unwirtlichen Lebensraum, wenn es doch außerhalb der Höhlen mehr Nahrung gibt? Forscher erklären die Ansiedlung der Tierarten in den Höhlen damit, dass sie dort einen Überlebensvorteil haben: Sie führen ihr genügsames Leben meist ganz ohne Fressfeinde.
Zudem gibt es kaum Konkurrenz in den unterirdischen Hohlräumen, da sich die Arten auf die trocken gefallenen Gebiete und auf die Höhlengewässer verteilen. Die trockenen Gänge besiedeln unter anderem Insekten oder Spinnen. Typische Bewohner der Höhlengewässer sind zum Beispiel Höhlenfische und Krebse.
Solche konkurrenzarmen Lebensräume sind laut Wissenschaftlern zudem auch Rückzugsgebiete für Arten, die an der Erdoberfläche dem viel stärkeren Konkurrenzdruck nicht Stand halten können. Man findet daher in Höhlen oft auch Tierspezies, die an der Erdoberfläche selten sind. Ein Beispiel dafür ist der Grottenolm, der keine oberirdisch lebenden Verwandten hat.