Was aber trägt zu all den Unterschieden im Verhalten und im Gehirn bei? Auf der Suche nach den neurophysiologischen Unterschieden zwischen Frauen und Männern fällt der Blick zuallererst auf die Geschlechtshormone.
Die Geschlechtshormone
Die genetisch festgelegte Produktion dieser Hormone – im Zusammenspiel mit direkten genetischen Effekten auf das Gehirn – ist hauptverantwortlich für die sexuelle Differenzierung während der Embryonalentwicklung und der Pubertät. Soviel scheint klar. Mit dem Eintritt in die Adoleszenz kommt der Menstruationszyklus als weiterer Faktor für eine geschlechtsspezifische Verhaltensregulation hinzu.
Die Geschlechtshormone Östrogen, Testosteron und Co. beeinflussen vor allem das Sexualverhalten, jedoch gibt es noch andere Verhaltensleistungen, die unter ihrem Einfluss variieren. So wurden beispielsweise hormonelle Auswirkungen auf kognitive Prozesse wie Gedächtnis oder Lernen, die Empfindlichkeit gegenüber Stress sowie Reaktionen auf Psychopharmaka beschrieben.
Unterschiede auch bei Neurotransmittern
Und auch die Botenstoffe des Gehirns und ihre Rezeptoren mischen mit, wenn es um den Unterschied zwischen Mann und Frau geht. So ist bekannt, dass sich Geschlechtsunterschiede in allen wichtigen Botenstoffsystemen des Gehirns finden und somit die gesamte Neurochemie des Gehirns betreffen.
Sie wirken sich auf die Synthese und das Freisetzen der Neurotransmitter, aber auch auf das Vorkommen und die Empfindlichkeit der Bindungsstellen aus. Dies könnte mitverantwortlich sein für Geschlechtsunterschiede bei neuropsychiatrischen Erkrankungen. Einige dieser Unterschiede in den Botenstoffsystemen von Mann und Frau sind durch den Einfluss der Geschlechtshormone erklärbar. Denn viele Botenstoffsysteme interagieren mit den Geschlechtshormonen – beispielsweise während verschiedener Phasen des Menstruationszyklus.
Nicht vergessen werden darf allerdings auch, dass die Hormonausschüttung in unserem Körper nicht nur von genetischen Programmen, sondern auch von Umweltfaktoren beeinflusst wird. So ist die Ausschüttung von Stresshormonen eng an die Erfahrung von stressigen Situationen gekoppelt, umgekehrt ist die Ausschüttung des Hormons Oxytocin eng mit der Erfahrung sozialer Nähe verknüpft.
Sabina Pauen & Miriam Schneider, Universität Heidelberg/ Ruperto Carola
Stand: 25.08.2017