Besonders praktisch wäre die Kombination von erneuerbaren Energien und Wasserstoffproduktion bei Offshore-Windparks und anderen in entlegenen Gebieten liegenden Anlagen. Denn bisher krankt ihr Ausbau auch an der fehlenden Infrastruktur. In Deutschland beispielsweise fehlen Stromtrassen, um den Windstrom vom Meer ins Inland und weiter nach Süddeutschland zu bringen.
Offshore-Anlagen als Elektrolysezentren
Hier könnte die Elektrolyse helfen: Mit ihr ließe sich der auf See generierten Strom künftig direkt vor Ort zur Spaltung von Meerwasser nutzen. Lange war eine solche Elektrolyse mit ungereinigtem Salzwasser nicht effektiv und die Anlagen dafür wurden vom Salzwasser zu schnell zerstört. Inzwischen aber haben Forscher ein neues Elektrolyse-System entwickelt, das diese Probleme überwindet. Es erreicht mit 11,9 Prozent einen ähnlichen Wirkungsgrad wie herkömmliche Elektroyseverfahren mit gereinigtem Wasser, wie die Wissenschaftler berichten.
Als Basis für eine solche Windkraft-Elektrolyse könnten ausgediente Öl- oder Gasplattformen dienen, wie sie unter anderem in der Nordsee reichlich vorhanden sind. Der dort erzeugte Wasserstoff ließe sich dann bequem über die vorhandenen Erdgaspipelines zu Kraftwerken an Land leiten, wie der World Energy Council jüngst vorschlug. Seinen Schätzungen nach könnte die Offshore- und Onshore-Elektrolyse mit Windstrom bis 2030 eine Kapazität von zehn Gigawatt liefern und bis 2050 sogar mehr als 50 Gigawatt. Dafür wären allerdings Investitionen von 27 bis 37 Milliarden Euro nötig.
Wasserstoff aus der Gezeitenkraft
Ebenfalls auf dem Meer könnte die Umwandlung von Gezeitenkraft-Strom in Wasserstoff stattfinden. In solchen Meereskraftwerken werden die bei Ebbe und Flut entstehenden Strömungen genutzt, um mittels Turbinen Strom zu erzeugen. Erste Tests solcher Kraftwerke laufen unter anderem in der Meerenge zwischen den Orkneyinseln und dem schottischen Festland.
Jetzt soll ein europäisches Projekt ausloten, wie sich Wasserstoff in die regionale Energieinfrastruktur integrieren lässt. „Die Orkneys schwimmen förmlich im Wasserstoff“, sagt Jon Clipsham vom European Marine Energy Center in Orkney. Seine Schätzungen zufolge hätte die Region eine Kapazität von gut fünf Gigawatt, aber ihr fehlt die Infrastruktur um diesen Strom ans Festland zu bringen und einzuspeisen. Deshalb sollen Forscher nun Wege aufzeigen, wie Wasserstoff diesen Strom speichern und praktisch nutzbar machen kann.
Wie rentabel ist der „grüne“ Wasserstoff?
Doch so praktisch dies alles scheint – wie rentabel und ökonomisch konkurrenzfähig ist die Umwandlung von erneuerbaren Energien in Wasserstoff? Das haben Stefan Reichelstein von der Universität Mannheim und Gunther Glenk von der TU München vor kurzem am Beispiel von Windparks in Deutschland und im US-Bundesstaat Texas untersucht. Dabei berücksichtigten sie neben der Konversionsrate der Elektrolyse und den Kosten für die Anlagen auch die aktuellen Strompreise in beiden Ländern.
Das überraschende Ergebnis: Für Anlagen, die ihren Wasserstoff primär an kleinere und mittelgroße Abnehmer verkaufen, kann die Wasserstoffproduktion aus Wind oder Sonne schon jetzt lukrativ sein. Denn mit Preisen ab gut drei Euro pro Kilogramm wird das Ganze ökonomisch konkurrenzfähig. Für eine Produktion im industriellen Maßstab sind die Kosten bisher allerdings noch zu hoch, wie die Forscher erklären. Allerdings prognostizieren sie, dass Wasserstoff aus erneuerbaren Energien noch innerhalb dieses Jahrzehnts deutlich billiger wird. Dann würde schon ein Gaspreis von 2,50 Euro pro Kilogramm reichen, damit sich diese Produktion lohnt.