Dänemark. Nördlich der Insel Lolland treibt der Seewind elf Windräder an, die sich in annähernd gleichmäßigem Takt drehen. Erstaunlich niedrig sind diese Räder, im Vergleich zu den vertrauten Festlandanlagen. Und noch etwas ist ungewöhnlich. Anstatt einer festen Verankerung auf trockenem Untergrund haben diese Anlagen permanent nasse Füße – ihr Fundament gründet, ein bis drei Kilometer von der dänischen Küste entfernt, bis zu einer Tiefe von 15 Metern im sandigen Boden der Baltischen See.
Zukunftsmusik? Schon lange nicht mehr. Die Windfarm Vindeby wurde bereits 1991 als erster Offshore–Windpark errichtet und hat seitdem mehr als eine Testphase hinter sich bringen können. Und das mit vollem Erfolg. Im Vergleich zu ähnlich ausgerichteten 450 Kilowatt-Anlagen an Land hat dieser Offshore-Standort eine um 20 Prozent höhere Leistungsausbeute aufzuweisen.
Der Standort tut hierzu sein übriges. Turbulenzen treten auf der Meeresoberfläche seltener und weniger stark als auf dem Festland auf. Der Wasserkörper ist ein großes Wärmedepot, das nur langsam Wärme aufnimmt und abgibt und ausgleichend auf die thermischen Änderungen im Tagesverlauf wirkt. Mit dieser im Vergleich zum Festland geringeren mechanischen Belastung der Anlagen durch Turbulenzen erhöht sich gleichzeitig ihre Lebensdauer.
Die Oberfläche des Wassers setzt dem Wind wesentlich geringeren Widerstand entgegen, als dies eine mit Vegetation bedeckte Landoberfläche tun würde. Die Rauhigkeit der Wasseroberfläche erhöht sich nur bei stärkerem Wellengang. Auch die Windscherung ist dementsprechend schwach. Daher können es sich die Konstrukteure von Offshore-Anlagen auch leisten, die Masthöhe niedriger zu halten, als es an Land effektiv wäre.
Ungebremste Kraft
Die nahezu ungebremste Kraft des Windes – die Wasseroberfläche ist der Rauhigkeitsklasse Null zuzurechnen – trifft auf die Rotorblätter der Offshore-Anlagen und ermöglicht eine am Land nicht zu realisierende Effizienz, die zugleich starker Anreiz zu weitergehenden Forschungen ist. Aber diese neuen Windalternativen stellen die Anlagenbauer auch vor einige neue Probleme, die im Sinne der Wirtschaftlichkeit gelöst werden müssen.
Die aufwendige Verlegung von Unterseekabeln und die besonderen Ansprüche an die Fundamente an diesem nassen Standort haben die Offshore-Anlagen bislang zu einem viel zu teuren Energieträger gemacht. Doch auch hier scheint eine Lösung in Sicht. Um die Lebensdauer der im Vergleich zum Beton preisgünstigeren Stahlfundamente zu erhöhen, wird mit speziellen Lackierungen und kathodischem Korrosionsschutz gearbeitet. Erfahrungen mit dem Bau von Ölförderplattformen kommen hierbei den Offshore-Planern zugute und lassen eine Lebensdauer der Anlagen von 50 Jahren realistisch erscheinen.
Die Errichtung von Windkraftparks vor der Küste hat neben dem rein energetischen Aspekt noch weitere Vorteile. Viele Konflikte, die es bei der Errichtung von Windkraftanlagen an Land zu lösen gilt, treten im Meer in wesentlich abgeschwächter Form auf. Aus Gründen der Umweltverträglichkeit werden Standorte gewählt, die bis zu 40 Kilometer vor der Küste gelagert sind. Schiffahrtswege und Nationalparks werden von der Planung ausgeschlossen, und durch den relativ großen Abstand zur Küstenlinie sind mögliche optische und akustische Beeinträchtigungen minimiert.
Wie wird die Zukunft der Offshore-Windparks eingeschätzt? Interessant und wirtschaftlich werden die Offshore-Windparks, wenn die Nennleistung der Windräder ein Megawatt überschreitet. Eine Studie von Eurosolar schätzt ein wirtschaftlich realisierbares Offshore-Potenzial, das 10 Prozent des europäischen Stromverbrauchs deckt, als realistisch ein.
Stand: 06.04.2000