Fast 60 Millionen Jahre hat die Evolution dazu gebraucht, die Wale und Delfine zu dem zu machen, was sie sind. Nur knapp 300 Jahre hätten dem Menschen beinahe gereicht, um diese Giganten der Meere mehr oder weniger vollständig auszurotten und von der Weltkarte verschwinden zu lassen.
Zwar haben schon vor mindestens 3.000 Jahren die Inuit nachweislich Wale gefangen und verspeist. Mit kleinen Booten und einfachen Harpunen machten sie sich damals auf die halsbrecherische Jagd nach den gewaltigen Meeresbewohnern – eher ein Kampf David gegen Goliath als ein Tötungsgemetzel. Hatten die Inuit es endlich geschafft, eines der riesigen Tiere zu erlegen, verwerteten sie es anschließend vollständig. Die Wale lieferten ihnen fast alles, was sie für ihr Leben brauchten.
Eine neue Dynamik gewann der Walfang erst im 17. Jahrhundert. Auf der Jagd nach Öl und Fleisch waren zunächst Glatt- und Buckelwale das Objekt der Begierde der Menschen, später dann auch die schnellen Furchenwale. Innerhalb von 40 Jahren mussten allein 100.000 Exemplare des Buckelwals auf der Südhalbkugel ihr Leben lassen. Mit besserer Technik – Harpunenkanonen, Walfangmutterschiffe mit Beibooten oder Fabrikschiffe – jagten Walfänger die Arten solange, bis sie zumindest in der betreffenden Meeresregion ausgestorben waren oder sich die Jagd auf sie nicht mehr lohnte.
Immer neue Fanggebiete wurden erschlossen, immer neue Walarten das Opfer dieser kommerziellen Ausrottungsfeldzüge. Die Liste der Produkte, für die Wale ihr Leben lassen mussten verlängerte sich immer mehr. Der Penisknochen galt als Aphrodisiakum, das Knochenmehl half bei der Ernährung von Rindern und Schafen, das Walrat des Pottwals fand als Schmierstoff für technische Geräte Verwendung. Auch Kosmetika, Schmuck und Kämme wurden aus den Barten oder anderen Teilen der Wale hergestellt.