Deutsche U-Boote fuhren im zweiten Weltkrieg oft durch die streng bewachte Straße von Gibraltar – sowohl aus dem Atlantik in das Mittelmeer hinein, als auch in umgekehrter Richtung aus dem Mittelmeer hinaus – ohne dass die Ortungssysteme der Allierten sie aufspürten. Wie schafften sie es, unter Wasser mit abgestellten Motoren voranzukommen?
Die U-Boote nutzten die Tatsache aus, dass in dieser Meeresstraße zwei verschiedene Strömungen existieren. Der Salzgehalt des Mittelmeeres ist – durch Verdunstung bedingt – höher als der des Atlantik. Daher strömt leichtes, salzarmes Wasser an der Oberfläche vom Atlantik ins Mittelmeer und schwereres, salzreiches Wasser in tieferen Schichten in umgekehrter Richtung. Die Boote nutzten einfach diese Gegenströmungen aus und ließen sich vom fließenden Wasser mitziehen.
Dieses Beispiel zeigt, dass die Weltmeere kein statisches System darstellen, sondern dynamischen Prozessen unterworfen sind. Wie in der Atmosphäre, so treten auch in den Ozeanen Zirkulationen und Strömungen auf. Manche dieser Meeresströmungen sind regional begrenzt, wie beispielsweise in der Straße von Gibraltar, andere wiederum ziehen sich über Tausende von Kilometern hin.
Diese ozeanischen Fernverbindungen verändern und beeinflussen nicht nur die Bedingungen im Meer selbst, sondern haben auch Auswirkungen auf das globale Klima. Meeresströmungen, die beispielsweise aus äquatornahen Regionen bis in die Polargebiete reichen, transportieren warmes Wasser in den hohen Norden oder Süden und erwärmen dort Wasser und Luft. Bekannte Beispiele für solche Strömungen sind der Golfstrom, der Kuroshio im westlichen Pazifischen Ozean und der Brasilstrom entlang der Ostküste Südamerikas.
Strömungen, die aus Polargebieten in Richtung der tropischen Regionen ziehen, bewirken das Gegenteil: Sie transportieren kalte Wassermassen in wärmere Gebiete. Der bekannte Humboldtstrom etwa bringt Wasser in nördlicher Richtung entlang der Küsten Chiles und Perus bis zu den Galapagos-Inseln. So kommt es, dass die Wassertemperatur unmittelbar an der Küste kälter ist als auf dem offenen Meer. Der Kalifornische Strom, eine Strömung auf der Nordhalbkugel, führt kühle Wassermassen entlang der Küste Kaliforniens in südlicher Richtung. Im Westpazifik sorgt der Oyashio dafür, dass kaltes Wasser entlang der Halbinsel Kamschatka und der Kurilen in südliche Richtung gelangt.
Meeresströmungen, die teilweise Geschwindigkeiten zwischen 30 und 60 Kilometern pro Tag erreichen können, entstehen im wesentlichen durch regionale Unterschiede in Temperatur, Dichte und Salzgehalt des Meerwassers. In Äquatornähe beispielsweise steigt warmes Wasser an die Oberfläche und fließt, dem Temperaturgradienten folgend nach Norden bzw. Süden in kühlere Meeresgebiete ab. Da es sich dabei abkühlt, nimmt seine Dichte zu, es sinkt ab und fließt als kalte Strömung am Grund des Meeres wieder äquatorwärts.
Doch ähnlich wie in der Atmosphäre sorgt auch hier die Erddrehung dafür, dass die Strömungen durch die Coriolis-Kraft abgelenkt werden. Auf der Nordhalbkugel scheren die Wassermassen auf diese Weise nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links aus.
Aber auch der Wind beeinflusst die Meeresströmungen, wenn auch in geringerem Maße als die „meereseigenen“ Faktoren. Er wirkt sich vor allem auf Oberflächenströmungen aus. In den Tropen treiben die Winde das Meer von Osten nach Westen (Passatwinde), in höheren, gemäßigteren Breiten jedoch von Westen nach Osten (Westwinde). Alle drei Kräfte zusammen – Sonnenstrahlung, Coriolis-Kraft und Winde – drängen auf der Nordhalbkugel die Meeresströmungen in eine Bewegung im Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel jedoch in eine Bewegung gegen den Uhrzeigersinn.
Stand: 27.04.2003