Medizintechnik

Panikmache oder begründete Angst?

Die Wahrscheinlichkeit einer Bioterrorattacke

Der Tod eines durch einen mit Anthrax-Sporen gefüllten Brief infizierten Behördenangestellten in Florida löste im Herbst 2001 eine Welle der Angst aus. Die Amerikaner kauften Gasmasken und bunkerten das gegen Milzbrand wirksame Antibiotikum Ciprobay als stünde der dritte Weltkrieg bevor. Und das Magazin Times titelte besorgt: „Das verwundbare Amerika“. Doch nicht nur in den USA ging plötzlich die Angst um. Auch in Europa war man sich plötzlich der eigenen Verletzlichkeit nur allzusehr bewusst. Auch hier wurden eilends Notfallpläne erstellt und Impfstoff- und Antibiotikavorräte aufgestockt.

Doch wie real ist die Gefahr wirklich? Wie wahrscheinlich ist der Ernstfall? An diesem Punkt scheiden sich die Geister: Ob terroristische Organisationen oder sogar Einzelkämpfer wirklich in der Lage wären, einen effektiven Biowaffenanschlag durchzuführen, wird von Wissenschaftlern und Gesundheitspolitikern heiß diskutiert, die Ansichten variieren dabei von „extrem unwahrscheinlich“ bis hin zu „ohne weiteres machbar“.

VirusforscherImmerhin soll eine amerikanische Studie gezeigt haben, dass schon eine handvoll Biologen und Ausrüstung im Wert von zehntausend Dollar ausreichen würden, um so viel biologische Waffen zu produzieren, dass damit größerer Schaden angerichtet werden könnte. Und auch in den Medien werden vielfach Horrorszenarien entworfen, in denen Bioterroristen mit einfachsten Mitteln tödliche Bakterien- oder gar Virencocktails in Hinterzimmern, Küchen oder Garagen zusammenbrauen.

Doch die meisten Biowaffenexperten halten dies allerdings eher für zweifelhaft. Wenn überhaupt, wären auf solche Weise höchstens sehr einfache, wenig „effektive“ Biowaffen herstellbar. Dieser Ansicht schließt sich auch eine vom Center for International and Security Studies der Universität von Maryland im Jahr 2000 veröffentlichte Studie an: Für den Fall eines Anschlags prognostizierten die Forscher eher kleinere, lokal begrenzte Sabotageakte oder Mordanschläge mit primitiven Mitteln als einen großräumigen Terrorakt mit hochentwickelten Biowaffen.

Der Anthrax-Anschlag vom Oktober 2001 scheint diese Einschätzungen zu bestätigen, handelte es sich doch dabei um nur insgesamt ein Gramm und ein relativ grobes Pulver – für eine Massenattacke eher ungeeignet.

Und auch die im Dezember 2001 im Scientific American veröffentlichten Daten des Monterey Institute of International Studies untermauern dies. Von allen zwischen 1900 und 2001 bekanntgewordenen Bioterrorismusfällen waren 66 Prozent reine Bluffs oder Streiche, 21 Prozent wurden angedroht aber nicht ausgeführt, und nur in 13 Prozent der Fälle fand tatsächlich ein Anschlag mit biologischen Kampfstoffen statt…

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Biowaffen
Wie groß ist die Gefahr?

Panikmache oder begründete Angst?
Die Wahrscheinlichkeit einer Bioterrorattacke

...und der Irak?
Saddam, Biowaffen und der Bioterror

Man nehme...
Was braucht ein Bioterrorist?

Januskopf Bioforschung
Mehr Kontrolle - aber wie?

Ein zahnloser Tiger...
Die Biowaffenkonvention

Was wäre wenn?
Das Problem der Erkennung...

Sind wir vorbereitet?
Das Problem der Zuständigkeiten und Strukturen

Totgesagte leben länger...
Renaissance der Pockenimpfung?

Killeragenzien von A bis C
Die Gefahrenkategorien der CDC

Von der Kuhseuche zum Kampfstoff
Anthrax (Bacillus anthracis)

Der Schwarze Tod kehrt wieder
Pest (Yersinia pestis)

Das tödlichste Gift der Welt
Botulinum Toxin (Gift von Clostridium botulinum)

Ausgestorben, aber nicht tot
Pocken (Variola)

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