Anthropogeographie

Papyri im Hyperspektrallicht

Eine spezielle Technik erhöht die Lesbarkeit

Modernste Technik kommt zum Einsatz, damit Kilian Fleischer die verkohlten Papyrusreste studieren kann – schließlich ist es nicht ganz einfach, auf den schwarzen Bruchstücken zu erkennen, was ein Tintenstrich ist, was eine Papyrusfaser, was ein Knick. Mit bloßem Auge erkennt man auf dem schwärzlich-braunverfärbten Fragmenten so gut wie nichts.

Hyperspektralbild
Hyperspektralbild eines der Papyrusfragmente – jetzt ist die Schrift lesbar. © Ministero per i Beni e le Attività Culturali, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III, Napoli, Consiglio Nazionale delle Ricerche

Die Wellenlängen-Kombination machts

Doch multispektrale Bildgebungsverfahren (MSI) können das Entziffern erleichtern: Wenn man die Fragmente im Licht verschiedener Wellenlängen fotografiert, steigert dies den Kontrast von Tinte und Papyrus und machen es damit möglich, den Text deutlich besser zu sehen, als dies bislang möglich war. Noch ergiebiger sind Hyperspektralbilder (HSI), die in vielen eng beieinanderliegenden Wellenbereichen erstellt werden.

Diese Technik hat unter anderem schon verborgene Texte in mittelalterlichen Manuskripten sichtbar gemacht, ein übermaltes Bild unter einem Gemälde von Picasso und verborgene Symbole in einem alten Mixteken-Codex zum Vorschein gebracht. Auch von den Herkulanischen Papyri hat Fleischer in Neapel gemeinsam mit Physikern und Informatikern erstmals Hyperspektralaufnahmen erstellt. Sogar ein Blick auf die Rückseite von Papyrusstücken, die auf Papptafeln aufgezogen wurden, ist damit möglich

Es war erst die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Philologen und Naturwissenschaftlern, welche in den vergangenen Jahren diese enormen Fortschritte ermöglicht hat. Dementsprechend froh ist Fleischer über die Tatsache, dass sich an der Universität jetzt das Zentrum für Philologie und Digitalität (Kallimachos) im Aufbau befindet, in dem ebenfalls Geisteswissenschaften, Informatik und Naturwissenschaften zusammenkommen.

Vom Buchstaben zum Satz

„Mit Hilfe dieser Techniken ist es mir gelungen, etwa 30 Prozent mehr Text im Vergleich zur Vorgängeredition zu entschlüsseln“, sagt Fleischer. Ein neuer Buchstabe könne dabei im Idealfall in einer Art Dominoeffekt zu ganz neuen Erkenntnisse führen – wenn sich aus dem Buchstaben ein neues Wort erschließen lässt und daraus möglicherweise ein komplett neuer Satz.

Die neu entzifferten Textpassagen könnten sogar bisher unbekannte Informationen zu Platon und den Philosophen der Akademie preisgeben oder zu einem Krieg, von dem vorher noch kein Altertumswissenschaftler gehört hatte. Viele Einträge in den Nachschlagewerken zur Antike müssen neu geschrieben werden, wenn die Arbeit am Index Academicorum und anderen Papyrusrollen aus Herculaneum beendet ist.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. weiter
Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Bibliothek des Philodemus
Wie Forscher verkohlte Schriftrollen aus Herculaneum wieder lesbar machen

Philodems Erbe
Ein Schatz begraben unter Asche und Gestein

Angekohlte Reste
Was von Philodems Papyrusrollen übrigblieb

Papyri im Hyperspektrallicht
Eine spezielle Technik erhöht die Lesbarkeit

Virtueller Blick ins Innere
Wie liest man unentrollte Schriftrollen?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema