20 Milliarden Tonnen Erdöl oder doch 50 Milliarden Tonnen? 10 Billionen Kubikmeter Erdgas, vielleicht aber auch 40 Billionen! Die Schätzungen über die aktuellen Rohstoffvorkommen in der Kaspi-Region sind je nach Informationsquelle außerordentlich unterschiedllich.
Vor allem die Lagerstätten im Offshore-Bereich des Kaspischen Meeres sind noch wenig erkundet und geben Anlass zu Spekulationen. Gerade deshalb wird dort im Moment besonders intensiv geforscht und gebohrt.
Wo befinden sich aber nun im Kaspischen Raum gesicherte Erdöl- und Erdgaslagerstätten und wie ergiebig sind sie? Selbst diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Soviel erscheint sicher: Vor der Küste der Apseron-Halbinsel und südwestlich von Baku gibt es Lagerstätten mit etwa 6,5 Milliarden Tonnen Erdöl, im Küstenbereich Kasachstans in der Nähe von Tengiz sind Vorkommen in einer Größenordnung von acht Milliarden Tonnen des schwarzen Goldes entdeckt worden. In Turkmenistan dagegen, warten voraussichtlich lediglich etwa 0.8 Milliarden Tonnen auf ihre Ausbeutung. Dafür sitzen die Turkmenen im Amudar’ja- Becken auf einem Erdgasmeer von bis zu 20 Billionen Kubikmetern.
Die Geowissenschaftler, Ingenieure und Techniker der Erdöl- und Erdgasindustrie haben aber noch mit einem anderen Problem zu kämpfen: Längst nicht alle entdeckten Lagerstätten können letztlich auch erschlossen und ausgebeutet werden. Mal lässt die geologische Schichtung vor Ort eine Erdölförderung nicht zu, dann wieder verhindern mögliche Umweltrisiken die Nutzung der Felder. Meist sind es aber einfach die immens hohen Kosten und die technischen Schwierigkeiten – besonders bei Bohrungen im tiefen Wasser -, die die Ölgesellschaften abschrecken.
Eins steht in jedem Fall fest: Unabhängig davon, wie viel Erdöl und Erdgas sich in den zum Teil viele Tausend Meter tief im Gestein liegenden Lagerstätten wirklich befindet, wird die Region um das Kaspische Meer für die europäische und auch weltweite Versorgung mit Energierohstoffen in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Aufgrund der labilen politischen Verhältnisse und den großen ethnischen Konflikten in den Anrainerstaaten und der massiven Interesssenskollision der sich in der Region um Einfluss bemühenden Staaten, könnte der Raum um das Kaspische Meer aber auch zu einer der gefährlichsten Krisenregionen des 21. Jahrhunderts mutieren.
Nicht zuletzt der nach den Anschlägen vom 11. September auf das World Trade Center in New York heftig entflammte Konflikt zwischen den USA und den radikalen Teilen der islamischen Welt könnte dabei eine wichtige Rolle spielen. Immerhin liegt der Anteil der Moslems an der Gesamtbevölkerung in Aserbaidschan bei 94 Prozent, in Turkmenistan sind es knapp 90 Prozent und auch fast die Hälfte aller Kasachen zählt zu den Anhängern Allahs
Stand: 07.11.2001