Wollen Männer in Sachen Verhütung Verantwortung übernehmen, ist die Auswahl übersichtlich: Ihnen bleibt das Kondom – oder als drastischer Schritt die Vasektomie. Und das, obwohl Wissenschaftler seit Jahrzehnten an Alternativen forschen. Das Problem: Spermien zum Beispiel mithilfe einer Pille für den Mann befruchtungsunfähig zu machen, scheint ein schwieriges Unterfangen zu sein.
2012 entdeckten Forscher zwar einen Wirkstoff, der die Spermienproduktion bei Mäusen vorübergehend stört. Dieser war aber zu unspezifisch, um ihn beim Menschen einsetzen zu können.
2015 dann ein neuer Ansatz: Die medikamentöse Hemmung eines Spermienproteins brachte bei Mäusen Spermien mit einem steifen Schwanz hervor. Als Folge wurden die Männchen unfruchtbar. Den Weg aus dem Labor hat bislang jedoch noch keine Pille geschafft.
Hormonspritze scheitert an Nebenwirkungen
Im Geiste in den Apothekerregalen vor sich gesehen hatten Experten schon eine hormonelle Verhütungsspritze für den Mann. Doch auch sie scheiterte. So musste im November 2016 eine Studie zu dieser Spritze abgebrochen werden, weil Probanden über Akne, veränderte Libido oder Stimmungsschwankungen klagten – Nebenwirkungen, die Frauen bei der Pille seit Jahrzehnten ertragen.
Auch weil die Zweifel groß sind, ob sich Männer wie viele ihrer Partnerinnen freiwillig Hormone in den Körper jagen lassen wollen, experimentieren Forscher und Tüftler inzwischen längst mit weiteren, nicht-hormonellen Ansätzen. Clemens Bimek ist einer von ihnen. Der gelernte Tischler hat ein Ventil entwickelt, das in den Samenleiter eingesetzt wird und den Zufluss der Spermien nach Bedarf regulieren kann.
Schalter reguliert Spermienzufluss
Der Mann, so die Idee, kann nach einer kurzen Operation beliebig zwischen Verhütung und Zeugungsabsicht hin und her wechseln: mithilfe eines durch die Haut tastbaren Kippschalters. Ähnlich wie nach einer Vasektomie enthält das Ejakulat bei geschlossenem Ventil nur noch Sekrete der Geschlechtsdrüsen.
Was skurril und genial zugleich klingt, hat jedoch einen Haken: Bislang trägt das Samenleiterventil von der Größe eines Gummibärchens nur der Erfinder selbst. Für klinische Studien fehlt bislang das Geld und damit auch der Nachweis, dass die Methode verlässlich wirkt und sicher ist – eine notwendige Voraussetzung für die Zulassung als Medizinprodukt.
Verhütungsgel funktioniert bei Affen
Wissenschaftler der aus Spenden und Drittmitteln finanzierten Forschungsstiftung Parsemus wollen den Spermien den Weg mithilfe eines Polymergels versperren. Das sogenannte Vasalgel wird in den Samenleiter injiziert und bildet dort für die aus den Hoden aufsteigenden Keimzellen eine unüberwindbare Barriere – offenbar mit Erfolg. Dass das Mittel funktioniert, haben die Forscher bereits im Tierversuch mit Kaninchen bewiesen.
Zuletzt spritzten sie das Gel zudem sechzehn ausgewachsenen Makaken. Auch bei den Affen zeigte sich das Gel wirkungsvoll. Obwohl einige der tierischen Probanden zwei Jahre lang fast ununterbrochen mit Weibchen zusammenlebten, wurde keine der Affendamen schwanger. Außerdem beobachtete das Team kaum Nebenwirkungen und konnte die Verhütung mit einem Lösungsmittel ganz einfach wieder beenden.
Für Pharmakonzerne uninteressant?
Obwohl die Methode bislang nicht am Menschen erprobt ist, weckt sie in Fachkreisen neue Hoffnung. Ob sich das Vasalgel oder auch das Samenleiterventil eines Tages tatsächlich durchsetzen, vermag im Moment allerdings noch niemand zu sagen.
Ein Problem ist, dass die Entwicklung der neuen Verhütungsmethoden teuer ist und für große Pharmakonzerne gleichzeitig kaum Anreize bietet. Schließlich verdienen sie an den etablierten Mitteln bereits sehr gut. „Gerade langfristig wirkende Verhütungsmittel bringen nicht das große Geld“, erklärt die Parsemus-Stiftung. „Es ist deutlich lukrativer, Frauen jeden Monat eine neue Schachtel Tabletten zu verkaufen.“
Hinzu kommt: Pille und Co sind bei Frauen auch deshalb so beliebt, weil sie damit die Kontrolle über die Verhütung behalten. Kurzum: Sie müssen sich nicht auf den Mann verlassen. Auch das beste Männer-Verhütungsmittel taugt eben nur etwas, wenn es wirklich angewendet wird.
Daniela Albat
Stand: 03.03.2017