So ein Boden hat es nicht leicht in periglazialen Bereichen. Eine Bodenbildung wie man sie aus unseren Breiten kennt ist dort gar nicht möglich.
Für das Durcheinander im Boden ist vor allem das Wasser bzw. Eis im Boden verantwortlich. Immerhin nimmt das Volumen von Wasser wenn es zu Eis gefriert um satte neun bis zehn Prozent zu. Beginnt im Winter der Boden sowohl von der Oberfläche als auch vom Permafrostspiegel aus zu frieren, kommt es durch die Vergrößerung des Volumens zu Spannungen. Sedimente und Gesteine werden in alle Richtungen durcheinander geschoben, um den Druck auszugleichen. Bodenschichten werden verformt und charakteristische Oberflächenformen nehmen Gestalt an. Kryoturbation nennt man diese Durchmischungsprozesse, die bei ständigem Wechsel von Auftauen und Frieren den Boden „beuteln“.
Eine typische Oberflächenform ist der Frostmusterboden. Von weitem betrachtet hat er Ähnlichkeit mit ausgetrocknetem Boden, der von einem Netz aus Rissen durchzogen wird. Zunächst bilden sich tatsächlich Risse im Boden, entweder durch extremen Frost oder durch Austrocknen der Auftauschicht im Sommer. Die Risse füllen sich mit Wasser, das im Winter gefriert und den Spalt immer weiter ausdehnt. Der Druck auf die zwischen den Rissen liegenden Bodenpartien wächst und durch Kryoturbation werden größere Steine an die Oberfläche gehoben, quasi heraussortiert. An der Oberfläche der meist nach oben gewölbten Bodenpolygone kullern sie dann zu den Rändern. In den Frostrissnetzen ordnet sich so der Grobschutt an, während dazwischen Feinerdeböden übrig bleiben.
Eis verteilt sich jedoch nicht immer gleichmäßig in den feinen Poren des Bodens. Dort, wo Wasser die Möglichkeit hat sich zu sammeln, bilden sich häufig in richtig kompakte Vollformen.
Weit verbreitet sind die bei der Entstehung von Frostmusterböden beteiligten Eiskeile. Sie können durch viele aufeinanderfolgende Frost-Tau-Zyklen zu kleinen Riesen heranwachsen und sich bis in den oberen Bereich des Dauerfrostbodens „hineinbeißen“. In den während der Eiszeiten von Permafrost geprägten Gebieten finden sich heute noch fossile Eiskeile. Sand, Schotter, und Löß füllten die Risse nach dem Abschmelzen des Eises auf und erhielten so die Abbilder diese Formen bis in die Gegenwart.
Noch auffälliger als die Eiskeile sind Eiskörper, die den Boden aufstülpen. So genannte Pingos sind die spektakulärsten Vertreter dieser Phänomene. Unter einer dünnen Sediment- oder Verwitterungsschicht schlummert ein mächtiger Eisblock, der den Boden um 10 bis 30 Meter anheben kann und eine Breite von bis zu 300 Metern erreicht. Sie haben meist einen ovalen oder runden Grundriss. Dass so große Wassermengen es schaffen, durch den Permafrost an eine Stelle zu gelangen, ist beachtenswert.
Die kleinere Ausgabe eines Pingos ist der Palsa. Palsen sind mit einer Torfschicht überzogen und sehen deshalb wie zu groß geratene Maulwurfshügel aus. Ihr Eiskern kann mehre Meter Höhe und Zehner von Metern Ausdehnung haben.
Die Winzlinge unter den Bodeneisbuckeln sind die Thufure. Sie erreichen gerade mal 0,5 bis 2 Meter Durchmesser und 0,5 bis 1 Meter Höhe. Sie sind mit Rasen bewachsen und gefüllt mit Erde oder Steinen, die beim Frieren die Vegetation anheben. Meist sind sie flächendeckend in großen Mengen anzutreffen und machen Wiesen zu „Buckelpisten“.
Wenn Permafrost abtaut, verändert sich vor allem in Gebieten mit viel Bodeneis das Landschaftsbild. Dann nämlich entstehen aus den schmelzenden Eisdepots im Boden Hohlformen, die sich mit Schmelzwasser füllen. Da diese Hohlformen Ähnlichkeit mit Hohlformen in Karstlandschaften haben, wird dieses Phänomen als Thermokarst bezeichnet. Die Vorsilbe „Thermo“ kommt von der Bedeutung der Temperatur – der stetigen Frostwechsel – für seine Entstehung. Thermokarst kann Landschaften komplett umformen, ganze Wälder können sich im Handumdrehen in Feuchtgebiete verwandeln.
Stand: 27.02.2002