Wenn es um die Besiedlung des Landes geht, stellen sich viele vermutlich einen Fisch vor, der behäbig aus dem Wasser kriecht und seinen ersten angestrengten Atemzug tut. Doch tatsächlich gehören die Wirbeltiere eher zu den Nachzüglern unter den Landgängern. Andere Lebewesen waren ihnen bei diesem bedeutenden Schritt weit voraus.
Einzeller als Pioniere
Die derzeit ältesten Belege für terrestrisches Leben sind 3,2 Milliarden Jahre alt. Sie bestehen aus winzigen Pyrit-Körnchen, die klare Anzeichen einer Beeinflussung durch Mikroorganismen aufweisen. Das legt nahe, dass die ersten Landbewohner winzige Mikroben waren – Cyanobakterien und andere Bakterien sowie Archaeen.
Diese Pioniere müssen äußerst zäh gewesen sein, um auf dem kargen, lebensfeindlichen Land Fuß zu fassen. Unter anderem brauchten sie dicke Hüllen, die sie gegen Strahlung und Austrocknung abschirmten, und effiziente Mechanismen zur DNA-Reparatur. Da auch moderne Mikroben an lebensfeindlichen Orten wie Wüsten, Polarebenen oder alpinen Felsen leben, erscheint es realistisch, dass auch ihre Vorfahren sich verhältnismäßig schnell an die Bedingungen an Land anpassten.
Winzige Weltveränderer
Doch die Mikroben passten sich nicht einfach nur an, sondern veränderten das Land und schließlich die gesamte Erde mit ihrer Anwesenheit. „Zwei Hauptfolgen der Aktivitäten von Landmikroben sind die kontinuierliche Sauerstoffanreicherung der Atmosphäre und die Verwitterung der Kontinente, die sich indirekt und direkt auf marine Ökosysteme auswirken“, erklärt der Geologe Hugo Beraldi-Campesi von der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko.
Sauerstoff, der bei Stoffwechsel-Aktivitäten an Land freigesetzt wird, muss nicht mehr den Umweg über das Meerwasser gehen und gelangt deutlich schneller in die Atmosphäre. Im Zuge der biogeochemischen Verwitterung lösten sich außerdem Nährstoffe aus dem Gestein, was sie sowohl an Land als auch im Wasser zugänglicher machte. Damit schufen Cyanobakterien und ihre Gefährten optimale Startbedingungen für weitere Lebewesen, die vom Wasser ans Land wechselten.
Pilze: Freund und Helfer der Pflanzen
Nachdem die Mikroben das Land fruchtbarer und die Atmosphäre verträglicher gemacht hatten, folgten ihnen weitere Organismen. Zu Bakterien und Archaeen gesellten sich Algen, eukaryotische Einzeller und Pilze. Genanalysen und ein Fossilienfund aus China legen nahe, dass Pilze ihren Landgang vor etwa 600 Millionen Jahren antraten. Womöglich gingen sie schon kurz darauf flechtenartige Symbiosen mit den bereits dort lebenden, Photosynthese betreibenden Cyanobakterien ein.
Ihre Symbiose-Freudigkeit nutzten die Pilze auch, um mit den Vorfahren der Landpflanzen, den Grünalgen, zu interagieren. Die Pilze versorgten die Algen mit Nährstoffen, die sie für sie aus dem Gestein lösten. Im Gegenzug „fütterten“ die Algen sie mit dem Zucker, den sie im Zuge ihrer Photosynthese erzeugt hatten. Diese Beziehung war irgendwann so eng, dass die Pilze den frühen Landpflanzen sogar Teile ihrer DNA spendeten. Nur so konnten die Pflanzen langfristig an Land überleben und schädlichen UV-Strahlen sowie Trockenheit trotzen.
Die dafür nötige DNA stammte neben Pilzen auch aus Bakterien und Viren. Mithilfe der fremden Gene konnten die ersten Landpflanzen zum Beispiel eine schützende Wachshülle, feste Stängel und Wurzeln aufbauen.