Regionen

Pioniere voran…

Leben wie aus dem Nichts

Kraterlandschaft auf Surtsey. © Reynir Fjalar Reynisson / Surtsey Research Society

Asche, Bimsstein, weite schroffe Lavafelder und ein bisschen Sand – viel mehr hatte Surtsey den ersten Ankömmlingen nicht zu bieten, die schon kurz nach dem Auftauchen der Insel aus dem Meer das neue Land in Besitz nahmen.

Es mangelte dort eigentlich an fast allem Lebensnotwendigen. Zwar regnete es häufig und heftig, doch das Süßwasser versickerte ebenso schnell wieder wie es gekommen war oder ergoss sich von den verfestigten Lavagebieten in Sturzbächen ins Meer. Die kargen Böden besaßen kaum Nährstoffe und waren zudem von Erosion bedroht.

Hinzu kamen in der Anfangszeit die ständigen Vulkanausbrüche, die noch bis zum Juni 1967 nahezu jedes gerade aufkeimende Leben mit einer dicken Tephra- oder Lavaschicht bedeckten und so direkt wieder ausradierten.

Nur wenige Organismen waren in der Lage, solche unwirtlichen Bedingungen zu tolerieren und auf den schwarzen Hügeln Fuß zu fassen. Zu den ersten Lebewesen, die sich auf Surtsey ansiedelten, gehörten neben Diatomeen und verschiedenen anderen Algen vor allem Flechten und Moose. Einige Arten aus diesen Gruppen spürten die Wissenschaftler bereits zwei Jahre nach Surtseys Geburt auf.

Als Lebensraum dienten ihnen Spalten und Risse aus denen heißer oder kalter Dampf austrat. Dieser versorgte die auf Mangelsituationen spezialisierten Organismen mit ausreichend Feuchtigkeit. In solchen und ähnlichen Lebensräumen fanden die Wissenschaftler im Jahr 1967 auch Blaualgenarten wie Anabaena variabili oder Nostoc specc. Sie gehören fast überall zu den Pionieren auf neu entstandenen Landflächen mit nährstoffarmen Böden. Vor allem weil sie in der Lage sind, atmosphärischen Stickstoff direkt aus der Luft zu binden und so alle zum Wachstum notwenigen Eiweiße unabhängig von den Bodenbedingungen herzustellen.

Der Meersenf kam als Erster…

Die erste Blütenpflanze, die zumindest in den Sommermonaten in den sandigen Küstenbereichen Surtseys von den Forschern entdeckt wurde, war im Jahr 1965 der Arktische Meersenf. Es folgten nur wenig später der Gewöhnliche Strandroggen, das Blauglöckchen oder Austernpflanze und die Salzmiere.

Keine dieser Arten war jedoch zunächst in der Lage, den Winter auf der Insel zu überleben und sich dauerhaft anzusiedeln – entweder wurden sie vom Sand begraben oder durch die Brandung ins Meer geschwemmt.

Doch dies sollte sich bald ändern. Denn die Entwicklung ging vor allem bei der Salzmiere schon bald Schlag auf Schlag weiter:

– 1967: die Salzmiere bildet erstmals Blüten auf Surtsey

– 1968/69: die Pflanze schafft es zu überwintern

– 1971: der Salzmiere gelingt es Samen zu bilden und auszusäen

Damit war ein erster Meilenstein bei der Besiedlung von Surtsey durch Pflanzen erreicht. Denn von nun an hatte die Salzmiere die Chance, sich über die große Teile der Insel zu verbreiten. Und das tat sie auch mit Erfolg: Heute ist die Salzmiere mit mehreren Millionen Exemplaren die bei weitem häufigste Pflanzenart auf Surtsey und nahezu auf jedem Sandflecken oder Bimsstein zu finden.

Zehn Jahre Stillstand

Salzmiere als Überlebenskünstler. © Sigurður H. Magnússon / Surtsey Research Society

Ein wichtiger Grund für ihren großen Erfolg ist das außerordentlich gut entwickelte und weit verzweigte Wurzelsystem der Pflanze. Dieses wächst zudem tief in den Sandboden hinein und sichert der salztoleranten Spezies dadurch Nährstoffe aus einem großen Einzugsgebiet. Haben die Einzelpflanzen sich zu den typischen dichten Polstern zusammengefunden, fungieren diese als Sandfänger. Die Salzmiere war dadurch entscheidend am Dünenaufbau beteiligt.

Etwas länger dauerte die Entwicklung beim Blauglöckchen und Strandroggen, die sich erst Ende der 1970er Jahre über Surtsey ausbreiteten und heute ebenfalls zu den inseltypischen Spezies gehören.

Nach diesem ersten Entwicklungsschub kam es bei der Eroberung Surtseys durch Pflanzen für zehn Jahre beinahe zu einem Stillstand. Zwischen 1975 und 1985 fanden die Wissenschaftler kaum noch neue Arten. „Die Pflanzensamen, die Surtsey erreichen, sind oft nicht geeignet, die Insel zu besiedeln – und die, die geeignet wären, kommen nicht an“, so das ernüchternde Fazit des isländischen Biologen Sturla Fridriksson in einem Beitrag der Zeitschrift mare.

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Stand: 19.01.2007

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Surtsey
Vom Feuerberg zum Lebensraum

Geboren durch Feuer
Wie Surtsey entstand…

Existenz an seidenem Faden
Eine Insel „kämpft“ ums Überleben

Lava statt Asche
Surtsey erhält einen schützenden Panzer

Lava als Lebensraum
Die Natur erobert Surtsey

Pioniere voran…
Leben wie aus dem Nichts

Vögel als Transportvehikel
Wie die Pflanzen übers Meer kamen

Vögel, Fliegen und noch viel mehr
Eine bunte Vielfalt an Tieren bevölkert Surtsey

Und sie schrumpft doch…
Surtseys düstere Zukunft

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