Sonnensystem

Planeten um andere Sterne verstehen

Was die neuen Erkenntnisse über Exoplaneten verraten

Die neue Vorhersage für Planetesimal-Größen ist auch für unser Verständnis der Vielfalt von Exoplaneten interessant – von Planeten, die andere Sterne umkreisen als die Sonne. Die bisher knapp 4.700 bekannten Exoplaneten sind besonders deswegen interessant, weil sich mit ihrer Hilfe statistische Aussagen über Planeten allgemein ableiten lassen. Im Gegensatz zum Einzelfall unseres Sonnensystems erlauben uns die vielen Datenpunkte für Exoplaneten, Rückschlüsse auf die Art und Weise der Planetenbildung in unserer Galaxie ganz allgemein zu ziehen.

Exoplaneten
Das neue Modell gibt auch Einblicke in die Kinderstube extrasolarer Planeten. © NASA/JPL-Caltech, T. Pyle (SSC)

Wo um den Stern entstehen welche Planeten?

Sobald wir die Physik der Planetenentstehung verstehen, können wir die Wahrscheinlichkeit vorhersagen, mit der sich Planetensysteme unterschiedlicher Art – massereiche Planeten, kleinere Planeten, engere oder weitere Umlaufbahnen – bilden. Im Vergleich mit den Daten der tatsächlich nachgewiesenen Planetensysteme können wir unsere Vorhersagen testen und auf diese Weise herausfinden, ob unsere Simulationen realistisch sind.

Es gibt eine Reihe von laufenden Versuchen zu dieser Art von „Populationssynthese“, das heißt zur Erstellung von Ensembles realistischer Planetensysteme, zur Extraktion der Häufigkeiten, mit denen bestimmte Eigenschaften (wie Massenbereiche oder Bereiche von Orbitalparametern auftreten, sowie zum Vergleich des Ergebnisses mit Beobachtungsdaten. Aber bisher musste die vom Entstehungsort abhängige Größenverteilung von Planetesimalen und Planetenembryonen „von Hand“ als zusätzliche Annahme in diese Simulationen eingefügt werden.

Ein Modell mit Vorhersagekraft

Die neuen Ergebnisse von Klahr und Schreiber erlauben es dagegen, die Größenverteilung der Planetesimale aus den Ergebnissen für die sich entwickelnde Pebble-Population, kombiniert mit den Ergebnissen für den Gasdruck zu berechnen. Damit wird eine grundlegende Lücke in der Argumentationskette von Populationssynthese-Studien geschlossen.

Dort, wo die Massenkonzentration innerhalb der Scheibe höher ist, wird die hilfreiche strukturbildende Wirkung der Turbulenz stärker sein. In dem Maße, wie die Gasmenge in der Scheibe abnimmt – entweder weil das Gas in den Stern fällt oder weil es von den entstehenden Gasplaneten aufgesaugt wird – wird immer unwahrscheinlich, dass sich größere Planetesimale bilden. Die quantitative Umsetzung dieser Erkenntnis erlaubt es den Forschern, die Populationssynthesemodelle berechnen, die Geburt von Planetesimalen und Planetenembryonen in vereinfachter Weise zu berücksichtigen, nämlich als Funktion des Gasdrucks, der ein integraler Bestandteil der zugrunde liegenden Simulationen ist.

„Die Stärke unseres Modells liegt in seiner Vorhersagekraft“, betont Hubert Klahr. „Wir können beschreiben, wann und wo sich Planetesimale bilden sollten, ebenso wie die Größen der neugeborenen Planetesimale. Diese Vorhersagen können getestet werden, was notwendig ist, um unsere Kolleginnen und Kollegen von der Anwendbarkeit der zugrunde liegenden Physik zu überzeugen.“

Wichtige Lücke geschlossen

Nach Ansicht der beiden Astronomen haben die neuen Ergebnisse eine wichtige Lücke in unserem bisherigen Wissen über die Planetenentstehung geschlossen. Zwar favorisiert eine Reihe anderer Forschungsteams alternative Erklärungen, bei denen beispielsweise die Klebrigkeit von Eis für die Planetesimalenbildung die zentrale Rolle spielt, oder ein Szenario, bei dem sich nanometergroße Silikatflocken direkt zusammenlagern. Für Klahr und Schreiber ist jedoch klar, dass solche Effekte zwar durchaus eine Rolle spielen können, dass sie aber wenig beitragen können, wenn es darum geht, Objekte rasch auf eine Größe von 100 Kilometern anwachsen zu lassen.

„Selbst wenn Kollisionen zu einem Wachstum bis 100 Kilometer führen würden, ohne irgendwann in einen Gravitationskollaps überzugehen, würde diese Methode die Größenverteilung der Planetesimale im Sonnensystem und vor allem die hohe Häufigkeit von binären Objekten im Edgeworth-Kuiper-Gürtel nicht beschreiben, die beide recht direkt mit dem Gravitationskollaps von Pebble-Wolken erklärbar sind“, sagt Klahr.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Rätsel der Planetesimale
Warum Asteroiden groß geboren werden

Urtümliche Brocken
Der Entstehung der Asteroiden auf der Spur

Das Rätsel der Längenskalen
Wie wachsen Planetesimale?

Turbulenz macht's möglich
Welche Faktoren die Größe der Planetesimale bestimmen

Planetarische Zeitreise
Zu Besuch im Museum des Sonnensystems

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