Was tun, um zu verhindern, dass auch noch die letzten Eisreste am Kilimandscharo in der Sonne schmelzen? Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage war zunächst guter Rat teuer. Und auch heute ist noch keine wirklich funktionierende Lösung in Sicht.
Dabei haben sich Forscher eine Menge einfallen lassen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Allen voran Euan Nisbet, Klimaforscher an der Royal-Holloway-Universität in London. Er sorgt im Jahr 2003 für weltweites Aufsehen durch einen Artikel in der Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature. Darin macht er den Vorschlag, den Gipfel des Kilimandscharo mit einem Schmelzschutz aus Plastik zu versehen, um ein weiteres Abtauen zu verhindern.
100 Tonnen an weißer Folie will Nisbets auf den Gipfel transportieren lassen und damit anschließend das Eis abdecken. Sie soll dafür sorgen, dass die Sonnenstrahlen besser reflektiert werden und sich das darunter liegende Eis nicht so stark erwärmt. Schützen will Nisbet dabei vor allem die besonders anfälligen Bereiche am Rand der Eisfelder.
Allerdings muss der Kilimandscharo laut Nisbet nicht auf ewig verhüllt bleiben, sondern nur so lange bis ein massives Aufforstungsprogramm für den tropischen Bergregenwald Erfolg hat. Die Bäume sollen durch die Speicherung und anschließende Verdunstung von Wasser wieder für eine höhere Luftfeuchtigkeit in der Region sorgen. Dies erhöht die Chance auf eine vermehrte Wolkenbildung und den Nachschub an Schnee für die bedrohten Gletscher in der Gipfelregion.
Vision mit „kleinen“ Mängeln
Doch die Idee von Euan Nisbet ist nicht unumstritten. Unklar bleibt beispielsweise ob die Schutzhaube für die Gipfelgletscher überhaupt das Abschmelzen verhindern kann. Wissenschaftler wie Douglas Hard aus dem Team von Thompson von der Universität in Ohio bezweifeln zwar nicht, dass durch das „Bandagieren“ der Gletscher der Großteil der Sonnenstrahlung reflektiert wird, sie sehen aber trotzdem eine Bedrohung für das 12.000 Jahre alte Eis.
Denn ein Teil der Wärme könnte, so Hardy, trotzdem unter das Plastikschutzschild geraten und dort wie in einem riesigen Treibhaus gefangen bleiben. Die Folge: Das Eis am Kilimandscharo würde noch schneller schmelzen.
Doch das ist längst nicht der einzige Kritikpunkt an Nisbets Vorschlag zur Rettung des Kibo-Eises. Wie die gewaltigen Mengen Plane, die er für das Projekt benötigt, auf den Gipfel gelangen sollen bleibt ein Rätsel. Von der Finanzierung des gigantischen Projekts ganz zu schweigen. Scheitern würde das Vorhaben vermutlich zudem ohnehin am Veto der Naturpark-Verwaltung und der UNESCO, die den Kilimandscharo 1987 in die Liste der Weltnaturerbe-Stätten aufgenommen hat.
Und auch andere handfeste materielle Gründe sprechen gegen die Verhüllung à la Nisbet. Ob beispielsweise die vielen Tausend Urlauber, die jährlich in die Region kommen, von einer solchen Plastikkappe begeistert wären, ist für Tourismus-Experten mehr als fraglich.
Keine Rettung möglich?
Wenn es mit der Verhüllung nichts wird, was kann man sonst tun, um die Gletscher des Kilimandscharo zu retten? Vermutlich nicht viel. Ein Aufforstungsprogramm für den Tropischen Regenwald an den Hängen des Vulkans würde erst greifen, wenn das Eis längst abgeschmolzen ist. Die von anderen Visionären ebenfalls ins Spiel gebrachten Schneekanonen zur Berieselung der Gletscher bringen nicht nur unlösbare logistische Probleme mit sich, sie scheitern auch schon am Wassermangel in der Region. Weitere Alternativen? Fehlanzeige. Deshalb wird es wohl so kommen, wie Lonnie Thompson vermutet: „Die Gletscher werden mit Sicherheit verschwinden.“
Stand: 13.04.2006