Ein Polarlicht ist unverkennbar: Am zuvor noch dunklen Nachthimmel leuchten dabei plötzlich farbig leuchtende Schleier auf. Wie ein im sanften Wind wehender Vorhang undulieren die schimmernden Schlieren über unseren Köpfen. Auf den ersten Blick scheinen sie dabei keinem festen Muster zu folgen und alle ziemlich ähnlich zu sein – doch dieser Eindruck täuscht.
Ruhige Bögen und lebhafte Bänder
Sieht man genauer hin, erkennt man bestimmte Gesetzmäßigkeiten: Häufig bildet das Polarlicht einen ruhig leuchtenden Bogen, der in Ost-West-Richtung über den Himmel erstreckt. Diese Auroras können bis zu zehn Minuten lang ohne große Bewegung stehen bleiben. Eine weitere Klasse von Polarlichtern bilden die Vorhänge: Ausgedehnte, eher diffuse Schleier, die vom Horizont bis hoch in den Himmel hinaufreichen und mehrfarbig sein können. Schon der Polarforscher Fridtjof Nansen beschrieb dieses Phänomen als „glitzernden Silberschleier“.
Deutlich bewegter und variabler sind dagegen die Polarlicht-Bänder. Im Gegensatz zum ruhigen Bogen verformen sie sich relativ schnell und bilden undulierende Beulen und Schleifen. Auch ihre Farbe kann sich im Laufe der Zeit ändern – mal grünlich, dann wieder weißlich oder sogar rötlich. Innerhalb der breiten Lichtbänder lassen sich häufig schmalere, quer verlaufende Strahlen erkennen, die in langsamen Takt heller werden und dann wieder abdimmen.
Strahlenkranz und schwarze Aurora
Eine spezielle Form der Polarlicht-Bögen ist die Corona – sie hat trotz des gleichen Namens nichts mit den bunten Ringen um den Mond oder der Sonnenkorona zu tun. Bei einer Polarlicht-Corona scheinen die hellen Strahlen direkt über uns sternförmig auseinander zu laufen. Dieser Eindruck entsteht, weil wir frontal auf die Nordlichtbögen blicken.
Noch spektakulärer und geheimnisvoller ist die schwarze Aurora: Sie kann am Ende von besonders hellen und bewegten Polarlichtern auftreten und ist eine Art Negativbild inmitten dieser Auroras. „Schwarze Wirbel ringeln sich dabei quer über einen Polarlichtvorhang“, beschreibt Ned Rozell von der University von Alaska in Fairbanks das Phänomen. „Schwarze Ringe, die aussehen wie dunkle Rauchringe, heben sich vom hellen Lichtschleier ab und schwarze Flecken bewegen sich wie gigantische Amöben durch ein Meer schwachen Lichtes.“
Galileo und die falsche Morgenröte
Die relativ deutlich strukturierten Auroras sind vor allem für die hohen Breiten typisch. Im Polarlichtoval, einem rund 400 Kilometer breiten Streife jenseits des 64. Breitengrads, kommen sie an bis zu 240 Nächten im Jahr vor. Doch auch in mittleren Breiten kann es Polarlichter geben, wie schon Galileo Galilei feststellte. Der italienische Astronom beobachtete im Jahr 1619 mitten in der Nacht ein diffuses, rötlich schimmerndes Licht und taufte dieses Phänomen wegen seiner Ähnlichkeit mit der Morgenröte „Aurora“. Von ihm haben die Polarlichter bis heute ihren Namen.
Heute weiß man, dass dieses vorwiegend rötliche, wenig strukturierte Polarlicht typisch ist für die Auroras gemäßigten Breiten. Ihr Aussehen führte dazu, dass die Menschen des Mittelalters in diesen Himmelslichtern eher Vorboten des Unheils sahen – das rote Glühen erinnerte sie eher an die Hölle als an etwas Himmlisches.
Doch was erzeugt diese faszinierenden Leuchterscheinungen?
Nadja Podbregar