Schauplatz Caprivi-Zipfel im Nordosten Namibias. Hier im Grenzgebiet zu Angola, Sambia und Botswana fließt der Okavango, wenn auch nur wenige Kilometer, ausschließlich über namibisches Staatsgebiet. Genau in dieser Region nahe der Stadt Divundu soll nach Willen der Elektrizitätsgesellschaft NamPower in den nächsten Jahren ein Laufwasserkraftwerk mit einem bis zu zehn Meter hohen Stauwehr entstehen.
Bei voller Auslastung hat es eine Leistung von gerade mal 20 Megawatt. Zum Vergleich: das größte Wasserkraftwerk der Welt am Yangtse erzeugt zurzeit 11.000 Megawatt Strom und nach Ende der Bauarbeiten soll es sogar ein Neuntel des gesamten chinesischen Energiebedarfs liefern. Nach Angaben von NamPower reicht die „Miniaturausgabe“ am Okavango aber immerhin aus, um bis zu 25.000 Haushalte in Namibia und den angrenzenden Gebieten Botswanas und Angolas mit Strom zu versorgen.
Vorläufige Machbarkeitsstudie durchgeführt
Mittlerweile hat das Projekt sehr zum Leidwesen seiner Kritiker die Phase der ersten Planungen längst überschritten und nimmt konkrete Formen an. Von namibischer Seite ist sogar bereits eine vorläufige Machbarkeitsstudie einschließlich Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Der mit Genehmigung der Länder Botswana und Angola erstellte Bericht untersucht die Chancen und Folgen des Bau des Wasserkraftwerks.
Die Experten des mit der Durchführung der Studie betrauten Firmenkonsortiums haben als optimalen Standort für das Wehr eine Stelle rund zwei Kilometer flussaufwärts der Touristenattraktion Popa-Wasserfälle ermittelt, wo die Folgen für Natur und Umwelt angeblich am geringsten sein sollen.
Risiken sehen die Ingenieure und Wissenschaftler unter anderem in der Überschwemmung von bewaldeten Flussinseln oder den Verlust von einzigartigen Lebensräumen mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten in der Nähe des zuküntigen Standorts des Kraftwerks. Zwar werde das Wehr zu einem moderaten Rückstau des Okavango führen, so die Experten weiter, ein Stausee und damit ein verringerter Wassereinstrom in das Okavango-Delta sei aufgrund der fehlenden Staumauer jedoch nicht zu befürchten.
Verminderter Sedimenttransport als Hauptmanko
Zum entscheidenden Knackpunkt des Projektes könnte sich der durch das Wehr verminderte Sedimenttransport ins Delta entwickeln. Die lebenswichtigen Sande und Salze werden nach Angaben der Machbarkeitsstudie zum Teil im Wehr hängenbleiben und damit nicht mehr als Lebensgrundlage für die Fauna und Flora flussabwärts zur Verfügung stehen. Die Macher des Reports haben daher nach Möglichkeiten gesucht, die abgelagerten Sedimente wieder in den Fluss zu leiten. Als Lösung für das Problem schlagen die Experten vor, eine Sedimentfalle vor dem Wehr zu bauen, aus der das liegen gebliebene Material kontinuierlich flussabwärts in den Okavango gepumpt wird.
Soweit die Ergebnisse der Studie. Bis es mit dem Bau für das Popa Falls–Projekt los geht, wird es aber wohl noch eine Weile dauern. Zurzeit können auf der Website der NamPower noch Einsprüche gegen das Verfahren erhoben werden. Erst dann entscheidet die Elektrizitätsgesellschaft, ob sie eine eineinhalb Jahre dauernde „endgültige Machbarkeitsstudie“ in Auftrag gibt, die die Situation vor Ort gründlicher untersucht und Lösungen für vorhandene Probleme vorschlägt.
Genug Zeit für die zahlreichen Umweltschutzorganisationen weltweit, das Projekt noch zu verhindern…
Stand: 30.07.2004