Fusionsforscher träumen schon seit fast 50 Jahren davon, die Energie der Sterne auf die Erde zu holen. Gelänge es, die Kernfusion als neue Energiequelle nutzbar zu machen, könnte die wachsende Weltbevölkerung für zehntausende von Jahren mit Strom und Wärme versorgt werden – mit nicht viel mehr als ein bißchen Wasserstoff und Wärme.
Doch die Euphorie in den Anfängen der Fusionsforschung wich sehr schnell der Ernüchterung: Die Hürden auf dem Weg zu einer „Sonne im kleinen“ waren höher und zahlreicher als erwartet. Entsprechend prophezeite der ehemalige Wissenschaftminister Siegfried Balke schon in den 70er Jahren: „Das Ross der Plasmaphysik wird auch in Zukunft nicht als strahlender Derby-Sieger im wissenschaftlichen Erfolgsrennen durchs Ziel gehen.“ Trotz aller technischen Fortschritte erfreut sich der Spruch:“Fusion ist die Energie der kommenden Generationen – und das wird sie immer bleiben…“, gerade unter amerikanischen Fusionsforschern wachsender Beliebtheit.
Immerhin eine Grundvoraussetzung für die Fusion wird auf Anhieb erfüllt: Die Rohstoffe dafür sind auf der Erde ausreichend verfügbar. Unter irdischen Bedingungen scheinen Deuterium – ein Wasserstoffisotop mit einem zusätzlichen Neutron – und Tritium – ein Isotop mit einem Proton und zwei Neutronen – die geeignetsten Brennstoffe zu sein, aber auch andere Kombinationen wurden bereits getestet. Deuterium ist zu einem geringen Prozentteil (1:6000) in jedem Tropfen Meerwasser auf der Erde enthalten, Tritium kommt zwar nicht natürlich vor, kann aber sehr leicht aus Lithium gebildet werden. Da die Fusionsreaktion nur sehr wenig an Brennstoffen verbraucht, sind die Ressourcen für diese Art der Energiegewinnung quasi unerschöpflich.
Doch die Probleme der Fusionsforscher beginnen direkt beim nächsten Schritt – der Zündung. Da die Atomkerne vor ihrer Verschmelzung erst einmal die gegenseitige Abstoßung überwinden müssen, sind enorme Temperaturen und Drücke nötig, um den Brennstoff in den Plasmazustand zu bringen und die Teilchen so zu beschleunigen, dass sie mit genügend Wucht zusammenprallen.
Die Zündung einer solchen Fusionsreaktion ist unter irdischen Bedingungen erst bei über 100 Millionen Grad möglich – eine Temperatur die mehr als sechs mal so heiß ist wie das Innere der Sonne. Entsprechend groß ist auch die Energie, gebraucht wird, um diese Temperaturen zu erreichen.Wenn ein Fusionsreaktor erst einmal läuft, kann ein Teil der bei der Fusion freiwerdenden Energie eingesetzt werden, um die Betriebstemperatur zu halten. Aber vorher muß die Zündungstemperatur erst einmal produziert worden sein. Bisher ist es zwar gelungen, für sehr kurze Zeit diese hohen Temperaturen zu erzeugen, aber nur in Versuchen, bei denen weder Dichte noch Wärmeisolation den Bedingungen für eine Fusion entsprachen.
Aber nicht nur das Aufheizen des Plasmas ist schwierig, auch die Aufbewahrung stellt die Forscher vor Probleme: Einerseits kann kein Material der Welt dem Millionen Grad heißen Plasma längere Zeit standhalten. Andererseits muss aber die heiße Materie so eng eingeschlossen sein, daß die Plasmateilchen dicht genug zusammengedrängt werden, um genügend oft miteinander kollidieren zu können. In der Sonne und den Sternen sorgt die Schwerkraft für ausreichende Kompression, unter irdischen Bedingungen sollen extrem starke Magnetfelder und hochenergetische Laser- oder Teilchenstrahlen diese Rolle übernehmen.
In der Theorie und in kleineren Vorversuchen wurden die verschiedenen Möglichkeiten, Plasma zu erzeugen und zu halten zwar bereits ausgetestet, aber erst die Kombination der verschiedenen Ansätze kann zeigen, ob und welche Technologien tatsächlich für ein Fusionskraftwerk geeignet sind. Die dafür benötigten Anlagen sprengen jedoch heute noch jeden Rahmen und vor allem jedes Budget.
Für die hoffnungsvollen Nachfolger des Prometheus heißt es daher nicht nur die Schwierigkeiten der Technik und die Fallstricke der Physik zu überwinden, sie müssen gleichzeitig auch immer wieder gegen notorischen Geldmangel und drohende Sparmaßnahmen kämpfen.
Stand: 26.03.2000