Als Ende der siebziger Jahre die Punk-Bewegung aufkam, hätten sich ihre Anhänger auch niedliche Kätzchen, Hamster oder Eichhörnchen auf die Schulter setzen können, sie wählten aber Ratten. Neben zerrissenen Kleidern, mangelnder Körperhygiene und selbst verstümmelnden Piercings eigneten sich diese Tiere, die bei anderen Menschen Ekel hervorrufen, wohl am besten zur Erzielung von Schock-Effekten.
Ratten als Kuscheltiere?
Aber warum werden gerade Ratten von vielen Menschen als eklig empfunden? Sie haben keine übermäßige Anzahl kleiner, krabbelnder Beine wie Spinnen und Insekten, keine glibberige Haut wie Kröten oder Frösche und von ihnen ist kein giftiger Biss zu erwarten wie von Schlangen. Im Gegenteil, Ratten sind warm, haben ein kuscheliges Fell und runde Knopfaugen. Warum also Hamster, Meerschweinchen und Mäuse, aber keine Ratten?
Vielleicht ist es ja der lange, nackte Schwanz. Einige Ratten-Experten sind der Meinung, dass Ratten mit einem buschigen Eichhörnchen-Schwanz als gelehrige Haustiere geschätzt würden. Tatsächlich ruft der scheinbar unbehaarte – in Wirklichkeit ist er mit vielen kurzen Haaren versehen – Rattenschwanz bei einigen Menschen Assoziationen mit Regenwürmern oder Schlangen und somit Ekelgefühle hervor. Kann aber das alleine der Grund sein? Nacktmulle etwa sind am ganze Körper unbehaart und gelten sicherlich nirgends als Schönlinge – Ekel verursachen sie aber kaum.
Getreide-Diebe
Klar, unsere Vorfahren hatten allen Grund, beim Anblick von Ratten und Mäusen nicht in Jubelrufe auszubrechen. Bereits vor 6.000 Jahren lagerten die Menschen in Palästina und Syrien geerntetes Getreide als Vorrat für schlechte Zeiten in Getreidespeichern. Auch im Mittelalter war der Kornspeicher das am besten bewachte Gebäude der Stadt. Kein Wunder, wenn Insekten, Ratten und Mäuse, die an die hart erarbeiteten Vorräte gingen, damals als Konkurrenten bekämpft wurden.