Im Inneren von Neutronensternen ist die Materie so stark komprimiert wie in keinem anderen Himmelskörper. Im Zentrum eines solchen Sternenrests herrscht der unvorstellbare Druck von rund 16 Quadrillionen Gigapascal, die Dichte liegt bei rund 370 Billiarden Kilogramm pro Kubikmeter. Würde man die gesamte Erde auf die Dichte eines Neutronensterns komprimieren, wäre sie nur noch gut 300 Meter groß.
Entsprechend gewaltig ist auch die Gravitationswirkung eines Neutronensterns. Auf seiner Oberfläche ist die Schwerkraft rund 200 Milliarden Mal höher als auf der Erdoberfläche. Ein einziger Teelöffel voller Material würde auf dem Neutronenstern daher mehr wiegen als 15 auf die Erde gelegte Erdmonde zusammen. Als Folge dieser extremen Gravitationswirkung vergeht auch die Zeit auf der Oberfläche eines Neutronensterns langsamer: Wenn auf der Erde zehn Jahre rum sind, sind auf dem Neutronenstern erst acht Jahre vergangen.
Die perfektesten Kugeln im Kosmos
Diese enormen Kräfte haben auch Auswirkungen auf die Oberflächenform eines Neutronensterns: Von der Erde und anderen Planeten ist bekannt, dass die Schwerkraft eine entscheidende Rolle dafür spielt, wie hoch Berge auf einem Himmelskörper werden können. Je stärker die Gravitation, desto kleiner die höchsten Erhebungen. Was aber heißt das für die „Berge“ auf einem Neutronenstern? Bisherige Modelle gingen davon aus, dass Erhebungen auf seiner Oberfläche maximal einige Zentimeter Höhe erreichen können. Doch 2021 kam ein Team um Fabian Gittins von der University of Southampton auf Basis neuer Simulationen auf einen anderen, noch extremeren Wert.
Demnach könnten selbst zentimetergroße Berge auf einem Neutronenstern nicht bestehen bleiben, ohne einzubrechen. Die enorme Gravitation des dichten Sternenrests erlaubt stattdessen nur Erhebungen von etwa einem Zehntel Millimeter Höhe. „Dies bedeutet, dass Neutronensterne bemerkenswert sphärische Objekte sind“, sagt Gittins. Neutronensterne sind demnach nahezu perfekte Kugeln.
Wie sieht das Innere aus?
Die extreme Kompression der Materie in einem Neutronenstern hat aber vor allem Konsequenzen für sein Inneres. Der Druck im Inneren dieser Sternenreste ist so hoch, dass Elektronen in die Atomkerne hineingedrückt werden und mit den Protonen zu Neutronen verschmelzen. Im Zentrum eines Neutronensterns gibt es demnach keine Atome mehr, sondern nur noch Neutronen – daher der Name.
Doch wie das Innere von Neutronensternen konkret beschaffen ist, darüber können selbst Astrophysiker nur spekulieren. Denn im Labor lassen sich die extremen Bedingungen im Neutronenstern-Inneren nicht nachstellen und auch die Zustandsgleichungen, die das Verhalten gängiger Materie unter verschiedenen Bedingungen beschreiben, sind für diese Sternenreste unvollständig. Deshalb existieren verschiedene physikalische Modelle, die versuchen, die Struktur von Neutronensternen zu beschreiben.
Vom Metallgitter zur Neutronen-Suppe
Gängiger Annahme nach besteht die Oberfläche eines Neutronensterns aus Atomen im metallischen Zustand: Die Atomrümpfe bilden ein dichtes Gitter, in dem sich die Elektronen frei bewegen – ähnlich metallischem Eisen. Schon wenige Meter unter der Oberfläche ist der Druck jedoch so hoch, dass immer mehr Elektronen mit den Atomkernen verschmelzen – es entstehen neutronenreiche Isotope.
Unterhalb von rund zehn Metern Tiefe bilden sich erste Bereiche, in denen sich die Atome ganz aufgelöst haben und nur noch Neutronen vorliegen. Der Anteil der freien Neutronen nimmt in dieser Schicht mit der Tiefe immer weiter zu. In ein bis zwei Kilometer Tiefe – am Unterrand der inneren Neutronenstern-Kruste – haben sich schließlich alle Atome aufgelöst. Die Materie liegt nun als eine Art „Neutronen-Suppe“ vor.
Superfluid und supraleitend
Was dies konkret für ihren Zustand bedeutet, haben Astrophysiker im Jahr 2011 mithilfe des jungen, nur rund 11.000 Lichtjahre entfernten Supernova-Relikts Cassiopeia A herausgefunden. Mithilfe von Daten des Röntgenobservatoriums Chandra ermittelten die Forschenden, dass sich dieser junge, noch sehr heiße Neutronenstern innerhalb von nur zehn Jahren um vier Prozent abgekühlt hatte. „Diese Temperaturabnahme erscheint zwar gering, ist aber wirklich dramatisch und überraschend zu sehen“, berichtete Dany Page von der Autonomen National-Universität in Mexiko.
Nach Ansicht der Astrophysiker ist eine so hohe Abkühlungsrate nur damit erklärbar, dass die Materie im Inneren des Neutronensterns in einem besonderen Zustand vorliegt – als superfluide Flüssigkeit. Aus dem Labor ist dieses Phänomen der Superfluidität nur bei bestimmten Helium-Isotopen nahe dem absoluten Nullpunkt bekannt. Die Flüssigkeit verliert dabei jede innere Reibung, kann aufwärts fließen und sogar vakuumdichte Behälter verlassen. Superfluide Flüssigkeiten aus geladenen Teilchen gelten zudem als perfekte Supraleiter.
Die schnelle Abkühlung des Neutronensterns von Cassiopeia A belegte erstmals, dass dieser exotische Materiezustand auch bei der extremen Hitze von fast einer Milliarde Grad Celsius auftritt, wenn der Druck entsprechend hoch ist. Demnach besteht das Innere eines Neutronensterns unterhalb seiner Kruste größtenteils aus einem superfluiden Neutronen-Bad, dem die wenigen verbliebenen Elektronen und Protonen supraleitende Fähigkeiten verleihen.
Doch das ist noch nicht alles…